18.10.2024
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Dokument-Nr. 24823

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Urteil12.01.2017Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz5 Sa 361/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AA 2017, 72Zeitschrift: Arbeitsrecht aktiv (AA), Jahrgang: 2017, Seite: 72
  • FA 2017, 115Zeitschrift: Fachanwalt Arbeitsrecht (FA), Jahrgang: 2017, Seite: 115
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Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Koblenz, Urteil02.06.2016, 5 Ca 1808/14
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil12.01.2017

Kein Nachweis der Schwer­behinderten­eigenschaft gegenüber Arbeitgeber bei Offenkundigkeit der Schwer­be­hin­derungOffenkundigkeit des Vorliegens von Beein­träch­ti­gungen sowie von Grad der Behinderung von wenigstens 50

Ein Arbeitnehmer muss seine Schwer­behinderten­eigenschaft dann nicht gegenüber dem Arbeitgeber nachweisen, wenn die Schwer­be­hin­derung offenkundig ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorliegen einer oder mehrerer Beein­träch­ti­gungen und die Feststellung eines Grads der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Fest­stellungs­verfahren offenkundig ist. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Rheinland-Pfalz entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall beabsichtigte ein 72-jähriger Geschäftsführer eines Betriebs zur Herstellung von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium im April 2014 seinen Betrieb zu schließen. Dies hatte seinen Grund darin, dass die wirtschaftliche Lage des Betriebs nicht gut war und der Betrieb seit Jahren keinen Gewinn mehr abwarf. Eine Besserung war nicht in Sicht. Zum anderen fand der Geschäftsführer keinen Nachfolger und konnte den Betrieb auch nicht verkaufen. Nach Erstattung der Massen­ent­las­sungs­anzeige bei der zuständigen Arbeitsagentur, sprach er noch im April 2014 ordentliche Kündigungen aus. Einer der Arbeitnehmer war damit aber nicht einverstanden und erhob daher Kündi­gungs­schutzklage. Er führte an schwerbehindert zu sein, so dass die Kündigung nicht ohne vorherige Zustimmung des Integra­ti­o­nsamtes hätte ausgesprochen werden dürfen. Der Arbeitgeber führte an, nichts von der Schwerbehinderung gewusst zu haben. Tatsächlich erkannte das Versorgungsamt erst im Mai 2014 beim Arbeitnehmer einen Grad der Behinderung von 50 an. Dies hielt der Arbeitnehmer für unbeachtlich, da seine Schwer­be­hin­derung schon vorher offenkundig gewesen sei. Das Arbeitsgericht Koblenz wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Arbeitnehmers.

Kein Zustim­mungs­er­for­dernis des Integra­ti­o­nsamtes für ordentliche Kündigung

Das Landes­a­r­beits­gericht Rheinland-Pfalz bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies daher die Berufung des Arbeitnehmers zurück. Die ordentliche Kündigung habe nicht der Zustimmung des Integra­ti­o­nsamtes gemäß § 85 SGB IX bedurft. Denn der Arbeitnehmer genoss zum Kündi­gungs­zeitpunkt keinen Sonderkündigungsschutz als schwer­be­hin­derter Mensch. Das Versorgungsamt erkannte eine Schwer­be­hin­derung erst im Mai 2014 und somit nach Ausspruch der betrie­bs­be­dingten Kündigung an.

Keine Offenkundigkeit der Schwer­be­hin­derung

Die Schwer­be­hin­derung des Arbeitnehmers sei zum Kündi­gungs­zeitpunkt nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts nicht offenkundig gewesen. Zwar sei der Nachweis der Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft gegenüber dem Arbeitgeber entbehrlich, wenn die Schwer­be­hin­derung offenkundig sei. Dabei müsse jedoch nicht nur das Vorliegen einer oder mehrerer Beein­träch­ti­gungen offenkundig sein, sondern auch, dass der Grad der Behinderung auf wenigstens 50 in einem Feststel­lungs­ver­fahren festgesetzt würde. Daran habe es hier gefehlt. Der Arbeitnehmer habe nicht dargelegt, dass seine Beein­träch­ti­gungen so erheblich waren oder sind, dass sie auch vom Arbeitgeber ohne sozial­me­di­zi­nische Vorbildung als offensichtliche Schwer­be­hin­derung wahrzunehmen und einzustufen seien.

Soziale Rechtfertigung der betrie­bs­be­dingten Kündigung aufgrund beabsichtigter Betrie­bs­s­till­legung

Die betrie­bs­be­dingte Kündigung sei aus Sicht des Landes­a­r­beits­ge­richts sozial gerechtfertigt. Zur Begründung kann auf das in einem Paral­lel­ver­fahren ergangene Urteil vom 12.01.2017 (Az. 5 Sa 51/16) verwiesen werden.

Quelle: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (vt/rb)

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