15.11.2024
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Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil12.02.2010

Spargel-Kauf: Eigenmächtige Preis­re­du­zierung bei Personalkauf als wichtiger Grund für fristlose KündigungAußer­or­dentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung wirksam

Eine Verkäuferin, die Preise von Waren (hier: Spargel) eigenmächtig senkt, um diese dann selbst zu kaufen, kann fristlos entlassen werden. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Niedersachsen entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall ging es um eine Angestellte, die hauptsächlich als Kassiererin eingesetzt wurde. Daneben half sie beim Nachfüllen von Zigaretten und in der Kosme­ti­k­ab­teilung aus. Nach einer betrieblichen Regelung werden die Preise für Obst und Gemüse, das sonst schwer zu verkaufen wäre, im Verlaufe eines Tages zum Teil mehrmals gesenkt. Die Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, Ware vom Vortag zu einem nochmals reduzierten Preise zu erwerben. Nach einer weiteren Regelung darf Spargel an Kunden nur tagesfrisch verkauft werden. Am 10. Mai 2008 kaufte die Angestellte (und spätere Klägerin) gegen 20.11 Uhr - wochentags ist der Markt bis 21.00 Uhr geöffnet - gut ein Kilogramm Spargel vom selben Tage. Zu diesem Zeitpunkt wies das Computersystem der Beklagten hierfür einen Kilopreis von 3,99 Euro aus; der Klägerin wurden jedoch nur 2,22 Euro pro kg berechnet.

Am 22. Mai 2008 um 20.52 Uhr kaufte die Klägerin ,982 kg tagesfrischen Spargel zu einem Kilopreis von 1,49 Euro ein. Das Waagenetikett hatte sie handschriftlich geändert: Der Preis hatte zuvor 4,99 Euro betragen. Der Markt kündigte der Angestellten nach diesen Vorfällen fristlos.

Arbeitsgericht erklärte Kündigung für unwirksam

Die Angestellte wehrte sich mit Erfolg gegen die Kündigung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht Lingen, dass die Kündigung als unwirksam erachtete. In der Berufungs­instanz vor dem Landes­a­r­beits­gericht (LAG) Niedersachsen obsiegte der Arbeitgeber.

Landes­a­r­beits­gericht bestätigt fristlose Kündigung

Die außer­or­dentliche Kündigung sei aus einem wichtigen Grund gerechtfertigt, führte das LAG aus. Es läge ein wichtiger Kündigungsgrund vor.

Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers

Vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangene Vermö­gens­delikte seien grundsätzlich geeignet, eine außer­or­dentliche Kündigung zu stützen, denn sie stellen an sich einen wichtigen Grund für eine außer­or­dentliche Kündigung dar (vgl. BAG, Urteil v. 11.12.2003 - 2 AZR 36/03 - ). Ein Arbeitnehmer, der im Zusammenhang mit seiner Arbeitsleistung strafrechtlich relevante Handlungen gegen das Vermögen seines Arbeitgebers begehe, verletze damit seine arbeits­ver­tragliche Rücksicht­nah­me­pflicht schwerwiegend und missbrauche das in ihn gesetzte Vertrauen in erheblicher Weise. Dies gelte auch dann, wenn die rechtswidrige Verlet­zungs­handlung nur Sachen von geringem Wert betreffe. Die rechtswidrige und vorsätzliche Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers sei stets, auch wenn die Sachen nur geringen Wert hätten, als wichtiger Grund zur außer­or­dent­lichen Kündigung an sich geeignet, führte das Landes­a­r­beit­gericht aus.

Ein solches Vermögensdelikt zum Nachteil der Beklagten habe die Klägerin am 22. Mai 2008 begangen, indem sie Spargel eigenmächtig im Preis reduzierte und für sich an der Kasse erwarb.

Vorherige Abmahnung war entbehrlich

Eine Abmahnung sei vorliegend entbehrlich. Eine Abmahnung sei zwar im Bereich der verhal­tens­be­dingten Kündigung grundsätzlich erforderlich. Die Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts, der sich das erkennende Gericht anschließe, kenne jedoch Ausnahmen. Danach sei eine vorangegangene Abmahnung entbehrlich, wenn es sich um schwerwiegende Pflicht­ver­let­zungen handelt, deren Rechts­wid­rigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar sei und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen sei. In derartigen Fällen müsse es dem Arbeitnehmer klar sein, dass er sein Arbeitsverhältnis aufs Spiel setze.

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Niedersachsen (pt)

der Leitsatz

1. Vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangene Vermö­gens­delikte sind grund­sätzlich geeignet, eine außer­or­dentliche Kündigung zu stützen. Ein Arbeitnehmer, der im Zu­sammenhang mit seiner Arbeitsleistung strafrechtlich relevante Handlungen gegen das Vermögen seines Arbeitgebers begeht, verletzt damit seine arbeits­ver­tragliche Rücksicht­nah­me­pflicht schwerwiegend und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen in erheblicher Weise. Dies gilt auch dann, wenn die rechtswidrige Verlet­zungs­handlung nur Sachen von geringem Wert betrifft.

2. Eine vorangegangene Abmahnung ist entbehrlich, wenn es sich um schwerwiegende Pflicht­ver­let­zungen handelt, deren Rechts­wid­rigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen ist.

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