Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss27.07.2016
Arbeitszeugnis darf nicht mit "Kinderschrift" oder "gekippt" unterschrieben werdenArbeitgeber kann mit Zwangsmitteln zur ordnungsgemäßen Unterschriftsleistung gezwungen werden
Der Arbeitgeber darf ein Arbeitszeugnis weder mit einer Art "Kinderschrift" unterschreiben, noch darf die Unterschrift von links oben nach rechts unten "gekippt" sein. Hat sich der Arbeitgeber durch einen Vergleich zur Anfertigung eines Arbeitszeugnisses verpflichtet, kann die ordnungsgemäße Unterschriftsleistung mit Zwangsmitteln erzwungen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hervor.
In dem zugrunde liegenden Verfahren wurde gegen eine Arbeitgeberin im Februar 2016 durch das Arbeitsgericht Iserlohn ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro festgesetzt, da sie sich weigerte, einer Arbeitnehmerin ein von ihrem Geschäftsführer ordnungsgemäß unterschriebenes Arbeitszeugnis auszuhändigen. Eine entsprechende Verpflichtung der Arbeitgeberin ergab sich aus einem gerichtlichen Vergleich. Der Geschäftsführer hatte das Arbeitszeugnis zunächst mit einer Art "Kinderschrift" unterschrieben. Später erfolgte eine Unterschrift, die nicht parallel zum maschinenschriftlichen Zeugnistext gesetzt wurde, sondern von links oben nach rechts unten gekippt war. Die Arbeitgeberin legte gegen die Zwangsgeldfestsetzung sofortige Beschwerde ein.
Rechtsmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung
Das Landesarbeitsgericht Hamm hielt die Zwangsgeldfestsetzung für rechtmäßig, da die Arbeitgeberin ihre Verpflichtung zur Aushändigung eines ordnungsgemäß von ihrem Geschäftsführer unterschriebenen Arbeitszeugnisses nicht erfüllt habe.
Keine Feststellung der Identität des Unterzeichners durch "Kinderschrift"
Ein Arbeitszeugnis bedürfe gemäß § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BGB einer eigenhändigen Unterschrift, so das Landesarbeitsgericht. Diese erfordere ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs. Er müsse individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweisen, die eine Nachahmung erschweren. Die Unterschrift solle die Identität des Ausstellers erkennbar und die Echtheit der Urkunde gewährleisten und beweisbar machen. Diesen Anforderungen sei die "Kinderschrift" nicht gerecht geworden. Damit habe sich nicht eindeutig die Identität des Unterzeichners feststellen lassen. Damit habe die Echtheitsvermutung in Frage gestanden.
Zweifel an Ernsthaftigkeit durch "gekippte" Unterschrift
Ein Arbeitszeugnis dürfe nach § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO zudem keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, so das Landesarbeitsgericht, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Eine Unterschrift sei daher unwirksam, wenn sie von der allgemein üblichen Gestaltung signifikant abweiche. Beim Lesen des Arbeitszeugnisses dürfen keine Zweifel über die Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes aufkommen. So habe der Fall jedoch aufgrund der "gekippten" Unterschrift gelegen. Diese habe erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Zeugnistextes begründet und diesen vollständig entwertet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.05.2017
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, ra-online (vt/rb)