18.10.2024
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Dokument-Nr. 31263

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Urteil06.01.2022Landesarbeitsgericht Hamm18 Sa 726/21
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Herne, Urteil06.05.2021, 4 Ca 2437/21
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Hamm Urteil06.01.2022

Streit über Trage- und Pausenzeiten für FFP2-Masken in der Intensivpflege: Rechts­wirk­samkeit der Versetzung bleibt zunächst offenErneute Klage vor dem Arbeitsgericht möglich

Das LAG Hamm hat in einem Verfahren um die Versetzung einer Gesundheits- und Kranken­pflegerin, die regelmäßige Maskenpausen auf der Intensivstation verlangt hatte, die Berufung der Frau zurückgewiesen. Das Landes­arbeits­gericht hatte jedoch nicht entschieden, ob es sich um eine unzulässige Zwangs­ver­setzung handelte, da sich durch eine erneute Versetzung der Sachverhalt überholt habe.

Die bei einer im Kreis Recklinghausen ansässigen Klinik seit rund zwanzig Jahren beschäftigte Pflegekraft war zuletzt fünf Jahre lang auf der inter­dis­zi­plinären Intensivstation eingesetzt. Auf dieser werden seit Pandemiebeginn regelmäßig auch Covid-19-Fälle behandelt. Im November 2020 kam es zu Meinungs­ver­schie­den­heiten über den Umgang mit den zum Eigen- und Fremdschutz bei der Arbeit am Patienten ständig zu tragenden FFP2-Masken. Die Klägerin forderte unter Hinweis auf Empfehlungen unter anderem in Richtlinien der Deutschen Gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung (DGVU) nach einer Tragezeit von je 75 Minuten eine Erholungsphase mit Arbeiten ohne Maske von je 30 Minuten ein.

Klinik versetzte Intensiv-Kranken­schwester auf andere Station

Dagegen verwiesen Vorgesetzte auf das Ergebnis einer für das Haus unter Beteiligung des betrie­b­s­ärzt­lichen Dienstes und der Beauftragten für Arbeits­si­cherheit durchgeführten Gefähr­dungs­be­ur­teilung. Danach sei es ausreichend, nach je 120 Minuten der Tätigkeit unter Maske eine Pausenzeit von je 15 Minuten einzuplanen. Eine andere Handhabung sei aus Gründen einer gesicherten Patien­ten­ver­sorgung unter Berück­sich­tigung des verfügbaren Personals organisatorisch nicht umsetzbar. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Ankündigung der Klägerin, über ihre Gewerkschaft nunmehr rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen zu wollen, nahm die Klinik mit Wirkung zum 30. November 2020 eine Versetzung auf eine onkologische Pflegestation vor, wo sich die Maskenfrage nicht in gleicher Weise stellte.

ArbG: Versetzung vom Direktionsrecht gedeckte Maßnahme

Die gegen diese Versetzung gerichtete Klage blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht sah die streitige Versetzung als eine zulässige, vom Direktionsrecht der Arbeitgeberin gedeckte Maßnahme an. Der Arbeitsvertrag beschränke die Tätigkeit der Klägerin nicht auf den Bereich der Intensivpflege, diese sei vielmehr umfassend im Berufsbild der Krankenschwester einsetzbar. Mit der Versetzung werde den Interessen beider Seiten entsprochen. Das Konflikt­po­tential betreffend die Arbeit auf der Intensiveinheit sei ausgeräumt, dem Interesse der Klägerin an einem größeren Arbeits­zeit­anteil ohne Maskeneinsatz werde zugleich entsprochen. Eine unzulässige Maßregelung sei nicht erkennbar, weil die Maßnahme der Konflik­tent­schärfung und der möglichst störungsfreien Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses diene.

LAG weist Berufung ohne Sachent­scheidung zurück

Mit ihrer Berufung zum Landes­a­r­beits­gericht hat die Klägerin dagegen weiterhin geltend gemacht, wegen einer berechtigten Forderung in unzulässiger Weise benachteiligt worden zu sein. Dies führe entgegen der erstin­sta­nz­lichen Entscheidung zur Unwirksamkeit der Versetzung. Darüber war nach Auffassung der befassten das Landes­a­r­beits­gericht Hamm jedoch aufgrund zwischen­zeitlich neu eingetretener Umstände nicht zu entscheiden. Denn die beklagte Klinik hatte im November 2021 nochmals die Versetzung der Klägerin angeordnet. Sowohl Vorgesetzte wie auch weitere Pflegepersonen der Intensivstation lehnten die weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin ab, so die streitig gebliebene Begründung. Die Klärung eines vollständig neuen Lebens­sach­verhalts sei zunächst der ersten Instanz vorbehalten, hieß es in der kurzen mündlichen Urteils­be­gründung am Schluss der Sitzung. Dieser könne vorliegend nicht in zulässiger Weise über eine Klageänderung zum Gegenstand des Berufungs­ver­fahrens gemacht werden. Das Rechts­mit­tel­be­gehren der Klägerin habe sich vielmehr überholt, die Berufung sei deshalb unbegründet.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, ra-online (pm/ab)

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