18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil16.09.2010

Anspruch auf Weihnachtsgeld kann auch bei gekündigtem Arbeits­ver­hältnis bestehenWeihnachtsgeld trotz erfolgter Kündigung

Nach einer erfolgten Kündigung, die nicht vom Arbeitnehmer ausging und die er nicht zu verschulden hat, besteht weiterhin Anspruch auf Zahlung des Weihnachts­geldes. Dies gilt auch, wenn sich der Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung nach dem Kündigungsdatum befindet.

In zweiter Instanz wehrte sich ein Arbeitgeber vor dem Landes­a­r­beits­gericht Hamm gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Bochum, nach dem er zur Zahlung eines Weihnachts­geldes für eine gekündigte Angestellte in Höhe von 1.900 Euro verpflichtet worden war. Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls war zuvor als Steuer­fach­wirtin für den Beklagten tätig. Mit einem Schreiben vom 23.11.2009 kündigte ihr der Arbeitgeber mit Wirkung zum 31.12.2009. Die Klägerin verlangte schließlich die Auszahlung des Weihnachts­geldes, das sie gemäß ihres Arbeits­ver­trages als "Treueprämie" erhalten und ihr jeweils für den Monat November in Höhe des monatlichen Gehalts von 1.900 Euro ausgezahlt werden sollte. Da es sich bei dem im Vertrag festgehaltenen Betrag um das Einstiegsgehalt gehandelt habe, das mittlerweile bei 2.100 Euro monatlich lag, belief sich die Forderung der Frau auf diesen höheren Betrag.

Arbeitgeber: Anstel­lungs­ver­hältnis darf zum Zeitpunkt der Zahlungs­fäl­ligkeit nicht gekündigt sein

Gegen die Forderung auf Zahlung des Weihnachts­geldes wehrte sich der ehemalige Arbeitgeber und bezog sich auf eine Vertragsklausel, nach der ein Anspruch auf diese Gratifikation nur bestehe, wenn sich das Anstel­lungs­ver­hältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung in ungekündigtem Zustand befinde.

Klägerin: Da Kündigung nicht von ihr verschuldet, ist Verweigerung der Zahlung rechts­miss­bräuchlich

Die Klägerin räumte dagegen ein, bei der Gratifikation handele es sich um eine gewinn- und leistungs­u­n­ab­hängige Zahlung, die dem Arbeitnehmer als Bonus für das Erbringen der ihm obliegenden Arbeitsleistung im Kalenderjahr zu zahlen sei. Wenn die Zahlung aus Gründen versagt werde, auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluss habe und die Arbeitsleistung zudem voll erbracht wurde, sei dies rechts­miss­bräuchlich.

Mitarbeiter sollten "freiwillig" auf Weihnachtsgeld verzichten

Die Frau führte weiter aus, ihr ehemaliger Arbeitgeber habe seine Mitarbeiter aufgefordert, "freiwillig" auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Da sie als einzige Mitarbeiterin diesem Wunsch nicht nachgekommen sei, habe man ihr gekündigt. Dies bestritt der Beklagte und gab an, die Kündigung sei aus betrieblichen Gründen erfolgt. Er verwies zudem darauf, die Gratifikation sei laut Vertrag Ende des Monats November fällig, das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt aber bereits schriftlich gekündigt gewesen.

Landes­a­r­beits­gericht Hamm bestätigt Urteil aus erster Instanz: Arbeitgeber muss Weihnachtsgeld zahlen

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum, nach dem der Arbeitgeber seiner ehemaligen Angestellten das Weihnachtsgeld in Höhe von 1.900 Euro auszuzahlen habe. Anspruchs­grundlage sei die Vertragsklausel, nach der der Betrag von 1.900 Euro für den Monat November als zu zahlende Gratifikation festgelegt worden war.

Absatz 5 des Vertrages verstößt gegen Treu und Glauben

Gegen diesen Anspruch der Klägerin stand auch nicht Absatz 5 des Vertrages, nach dem die Zahlung ausgeschlossen sei, wenn das Anstel­lungs­ver­hältnis zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt gewesen ist. Das Gericht begründete: soweit dieser Absatz den Anspruch auf Zahlung des Weihnachts­geldes ausschließe, sobald das Angestell­ten­ver­hältnis gekündigt sei, verstoße dies gegen das Gebot von Treu und Glauben und sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. BAG, Urteil v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 -).

Die Klausel unterscheide nicht danach, ob die Kündigung von dem Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ausgesprochen worden sei. Im Falle einer nicht vom Arbeitnehmer verschuldeten Kündigung, beispielsweise aus betrieblichen Gründen, sei es nicht gerechtfertigt, ihm diese Zahlung vorzuenthalten. Auch die Rückzah­lungs­klausel des Absatzes 6 aus dem Vertrag habe keine Wirkung, da die Klägerin nicht aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außer­or­dent­licher, verhal­tens­be­dingter oder perso­nen­be­dingter Kündigung aus dem Vertrags­ver­hältnis ausgeschieden sei.

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Hamm (vt/st)

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