21.11.2024
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Dokument-Nr. 5047

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Urteil24.10.2007Bundesarbeitsgericht10 AZR 825/06
Vorinstanz:
  • Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil04.05.2006, 14 Sa 18/06
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil24.10.2007

BAG: Bonuszahlungen müssen eindeutig formuliert werden - Arbeitgeber muss sonst nachzahlenStich­tags­klausel für Bonuszahlung muss gemäß dem Trans­pa­renzgebot klar und verständlich sein

Nach § 307 BGB sind vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeits­ver­trags­klauseln unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Unwirksamkeit kann sich auch daraus ergeben, dass eine Klausel entgegen dem in dieser Vorschrift verankerten Trans­pa­renzgebot nicht klar und verständlich ist.

Auf eine Bonuszahlung für das Jahr 2004 geklagt hatte ein als Berater beschäftigter Arbeitnehmer. Diesem war vom beklagten Finanz­dienst­lei­tungs­un­ter­nehmen im Arbeitsvertrag die Teilnahme an einem Bonussystem zugesagt worden. Für die Jahre 2002 und 2003 hatte der Kläger von der Beklagten jeweils einen Bonus erhalten. Nach dem Bonussystem der Beklagten hängt die Höhe der Bonuszahlung vom Geschäft­s­er­gebnis und der individuellen Leistung des Arbeitnehmers ab. Eine Vertragsklausel bestimmt, dass die Bonuszahlung in jedem Falle freiwillig erfolgt und keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet. Eine andere Klausel regelt, dass der Anspruch auf die Bonuszahlung entfällt, wenn das Arbeits­ver­hältnis am 1. April des Folgejahres gekündigt ist. Der Kläger hatte vor dem 1. April 2005 das Arbeits­ver­hältnis gekündigt. Die Vorinstanzen hatten die Klage deshalb abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts Erfolg. Nach den Feststellungen des Landes­a­r­beits­ge­richts handelte es sich bei den zur Bonuszahlung getroffenen Vereinbarungen um von der Beklagten vorformulierte Allgemeine Vertrags­be­din­gungen. Soweit diese einen Rechtsanspruch des Klägers auf eine Bonuszahlung ausschließen, widersprechen sie der dem Kläger im Arbeitsvertrag zugesagten Teilnahme am Bonussystem der Beklagten. Sie sind insoweit nicht klar und verständlich und deshalb unwirksam.

Dies gilt auch für die Stich­tags­re­gelung. Sie stellt bezüglich der Dauer der Bindung nicht auf die Höhe der Bonuszahlung ab, ist jedenfalls insoweit zu weit gefasst und benachteiligt den Arbeitnehmer deshalb unangemessen. Mangels ausreichender tatrich­ter­licher Feststellungen des Landes­a­r­beits­ge­richts konnte der Zehnte Senat die Höhe der dem Kläger zustehenden Bonuszahlung nicht selbst beurteilen. Er hat das Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts deshalb aufgehoben und die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 74/07 des BAG vom 24.10.2007

der Leitsatz

1. Ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Trans­pa­renzgebot, Vertrags­klauseln klar und verständlich zu formulieren, liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag sich zu einer Bonuszahlung verpflichtet und im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt. In einem solchen Fall ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruchs auf die Bonuszahlung benachteiligt wird.

2. Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Klausel, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf eine gewinn- und leistungs­ab­hängige Bonuszahlung an ein an einem bestimmten Stichtag ungekündigtes Arbeits­ver­hältnis knüpft, unterliegt der Inhalts­kon­trolle nach § 307 BGB.

3. Eine Stich­tags­re­gelung, die unabhängig von der Höhe der Bonuszahlung den Arbeitnehmer bis zum 30. September des Folgejahres bindet, ist zu weit gefasst, benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 BGB und ist deshalb unwirksam.

4. Es bleibt unentschieden, ob bei der Inhalts­kon­trolle von Bindungs­klauseln zwischen Stichtags- und Rückzah­lungs­klauseln zu differenzieren ist, ob eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, wenn Bindungs­klauseln bei Sonderzahlungen nicht zwischen Kündigungen differenzieren, die in den Verant­wor­tungs­bereich des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers fallen, und ob bei Sonderzahlungen, die mindestens 25 % der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen, Stichtags- oder Rückzah­lungs­klauseln zulässig sind.

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