18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil19.01.2012

Mobbingklage erfolglos – Gericht verneint Anspruch eines Oberarztes auf Schadensersatz in Höhe von einer halben Million EuroKonflikte am Arbeitspatz haben den noch üblichen Rahmen nicht überschritten

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm hat eine auf Schadensersatz in Höhe von einer halben Million Euro ausgerichtete Mobbingklage gegen einen Chefarzt eines Krankenhauses abgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich bei den Ausein­an­der­set­zungen zwischen dem klagenden Oberarzt und dem beklagten Chefarzt um Konflikte am Arbeitspatz, die den noch üblichen Rahmen nicht überschritten haben.

Der 61 Jahre alte Kläger des zugrunde liegenden Falls ist seit 1987 in einem Krankenhaus in Lünen beschäftigt. Der Kläger bewarb sich im Jahr 2001 erfolglos auf die Chefarztstelle der Neuro­chir­ur­gischen Klinik. Die Stelle wurde dem beklagten Chefarzt übertragen. Im März 2003 erhob der Kläger erste Mobbingvorwürfe gegen den Beklagten. Der Kläger war danach in psychiatrischer Behandlung und für längere Zeit arbeitsunfähig. Er verklagte im Jahr 2004 seine Arbeitgeberin u. a. mit dem Antrag, den Chefarzt zu entlassen und Schmerzensgeld zu zahlen.

Schaden­er­satz­ansprüche gegen Chefarzt nach geschlossenem Vergleich nicht ausgeschlossen

Die Klage gegen die Arbeitgeberin wurde vom Arbeitsgericht und vom Landes­a­r­beits­gericht Hamm abgewiesen. Nachdem das Bundes­a­r­beits­gericht das Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts aufgehoben hatte, schloss der Kläger mit der Arbeitgeberin einen Vergleich. Der Kläger wird seither im medizinischen Controlling eingesetzt. Schaden­er­satz­ansprüche gegen den Chefarzt wurden in dem Vergleich allerdings nicht ausgeschlossen.

Kläger strebt Schadensersatz in Höhe von etwa einer halben Million Euro an

Diese Ansprüche verfolgt der Kläger im vorliegenden Verfahren. Der Kläger behauptet, er sei durch eine Vielzahl von Übergriffen des Beklagten psychisch erkrankt und arbeitsunfähig geworden. Dadurch habe er erhebliche Einkom­men­s­einbußen erlitten. Der Kläger begehrt die Zahlung von etwa einer halben Million Euro als Schadensersatz.

Chefarzt verneint eigenes pflichtwidriges Verhalten

Der beklagte Chefarzt hält dem entgegen, er habe sich nicht pflichtwidrig verhalten. Zwar sei es teilweise zu Ausein­an­der­set­zungen und Verstimmungen gekommen, was aber allein darauf zurückzuführen sei, dass der Kläger ihn als Chefarzt und Vorgesetzten mit Weisungs­be­fugnis nicht habe akzeptieren wollen.

Schadensersatz oder Schmerzensgeld begründendes Verhalten liegt nicht vor

Das Arbeitsgericht Dortmund hat die Klage abgewiesen. Die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund hat Landes­a­r­beits­gericht bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts liegt ein zum Schadensersatz oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn unerwünschte Verhal­tens­weisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüch­te­rungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekenn­zeichnetes Umfeld geschaffen wird. Bei der Prüfung von Ersatz­ansprüchen ist auch zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konflikt­si­tua­tionen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat sind, nicht geeignet sind, die Voraussetzungen zu erfüllen.

Chefarzt hat Grenzen eines sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konflikt­si­tua­tionen nicht überschritten

Nach der Vernehmung von 10 Zeugen ist die Berufungskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass der Chefarzt in den vom Kläger vorgetragenen 29 Vorfällen die Grenzen eines sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konflikt­si­tua­tionen nicht überschritten hat. In etwa 2/3 der Fälle waren die Vorwürfe entweder unzureichend vorgetragen oder nicht unter Beweis gestellt. In den Fällen, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren, hat sich die mobbingtypische Schaffung eines feindlichen Umfelds nicht feststellen lassen. Soweit sich die Zeugen überhaupt noch an die Konflikte aus den Jahren vor 2004 hinreichend genau erinnern konnten, handelte es sich um Konflikte am Arbeitspatz, die den noch üblichen Rahmen nicht überschritten haben.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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