21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil15.03.2013

Drohung mit Krankschreibung führt nicht immer zur KündigungBei tatsächlich bestehender Krankheit zum Zeitpunkt der Kündigung ist diese ohne vorherige Abmahnung unzulässig

Droht ein Arbeitnehmer für den Fall eine ärztliche Krankschreibung an, dass ihm kein Urlaub gewährt wird, muss er mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn er in Wahrheit gesund ist. Besteht allerdings zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich eine Erkrankung, stellt dieses Verhalten ohne vorherige Abmahnung keinen Kündigungsgrund dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gerichts Berlin-Brandenburg hervor.

Im zugrunde liegenden Fall erklärte ein kaufmännischer Angestellter an einem Freitag zwei Mitarbeitern gegenüber, er sei kaputt und brauche ab dem nächsten Montag mindestens eine Woche Urlaub. Er wolle nicht zum Arzt gehen.

Angestellter legt rückwirkend gültige Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung vor

Sein Urlaubsantrag wurde noch am selben Tag abgelehnt. Nachdem der Mitarbeiter montags darauf nicht im Betrieb erschienen war, kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos. Am Dienstag wurde der Angestellte dann von einem Arzt arbeitsunfähig krank­ge­schrieben – und zwar rückwirkend auch für den Montag.

Kündi­gungs­schutzklage des Arbeitnehmers erfolgreich

Der Arbeitnehmer erhob gegen den Rauswurf Kündi­gungs­schutzklage und gewann. Das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg entschied, dass es nach der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts darauf ankomme, ob ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung einer Erkrankung objektiv erkrankt sei oder nicht. Zwar könne die Ankündigung einer Erkrankung in beiden Fällen eine Pflicht­wid­rigkeit darstellen, doch wirke diese bei objektiver Erkrankung anders. Bei einer „angekündigten Krankheit“ im Falle eines nicht arbeits­un­fähigen Arbeitnehmers bedarf es in aller Regel keiner vorhergehenden Abmahnung. Die ist aber erforderlich, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung bereits krank sei. Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall nicht behauptet hatte, dass die Krankschreibung ab Montag vorgetäuscht worden sei, ist er nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts als Kündigender darlegungs- und beweispflichtig auch dafür, dass der Arbeitnehmer nicht schon an dem voraus­ge­gangenen Freitag arbeitsunfähig krank gewesen ist. Insoweit hatte der Arbeitgeber im Prozess ausgesagt, der Arbeitnehmer habe freitags noch voll gearbeitet. Deshalb könne er nicht arbeitsunfähig gewesen sein.

Arbeitgeber muss konkreten Beweis für Täuschung über Arbeits­un­fä­higkeit des Arbeitnehmers erbringen

Das überzeugte die Berliner Landes­a­r­beits­richter aber nicht. Der Arbeitgeber habe übersehen, dass nicht jeder Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbringt, zugleich arbeitsfähig ist. Nach § 2 Abs. 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundes­au­schusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (Arbeits­un­fä­higkeits-Richtlinie) liegt Arbeits­un­fä­higkeit zunächst vor, wenn der Versicherte auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeits­un­fä­higkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeits­un­fä­higkeit liegt aber auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krank­heits­zu­standes, der für sich allein noch keine Arbeits­un­fä­higkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeits­un­fä­higkeit unmittelbar hervorrufen. Da der Arbeitgeber aber für die Behauptung, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig gewesen sei, keinen Beweis angeboten hat, konnte das Gericht dem nicht weiter nachgehen.

Quelle: Rechtsanwaltskammer des Saarlandes/ra-online

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