15.11.2024
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss21.10.2015

Für Postbank-Mitarbeiter besteht bei hohen Temperaturen keine Krawatten-PflichtBetriebs­vereinbarung im Betrieb Stuttgart der Postbank wirksam

Das Landes­arbeits­gericht Stuttgart hat entschieden, dass eine Betriebs­vereinbarung von Stuttgarter Postbank­fi­lialen, die u.a. vorsieht, dass männliche Mitarbeiter bei Raumtem­pe­raturen in den Filialen von über 30 Grad auf das Tragen von Krawatten verzichten dürfen, wirksam ist.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Postbank Filialvertrieb AG und die Postbank Filial GmbH (Arbeitgeberin) führen für den Bereich Stuttgart mit insgesamt 86 Filialen, der sich räumlich über Teile von Baden-Württemberg und Bayern erstreckt, einen Gemein­schafts­betrieb, in welchem ein örtlicher Betriebsrat gebildet ist. Zum Thema Gesund­heits­schutz/Raumklima bildeten die Betriebspartner eine Einigungsstelle. Diese Einigungsstelle entschied, dass die Mitar­bei­te­rinnen und Mitarbeiter bei Kälte­be­las­tungen in den Arbeitsräumen von unter 17 Grad berechtigt sind, an die Dienstkleidung angepasste Pullover oder Westen zu tragen. Bei Raumtem­pe­raturen über 30 Grad sollen die Mitarbeiter berechtigt sein, auf das Tragen von Krawatten zu verzichten.

Gesamt­be­trie­bs­ver­ein­barung sieht Pflicht zum Tragen von Dienstkleidung vor

Unter­neh­mensweit besteht zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamt­be­triebsrat eine Gesamt­be­trie­bs­ver­ein­barung zur Unter­neh­mens­be­kleidung, die die Mitarbeiter zum Tragen im Einzelnen vorge­schriebener Unter­neh­mens­be­kleidung verpflichtet. Zu einer kompletten Unter­neh­mens­be­kleidung gehört mindestens Hemd/Bluse sowie Hose/Rock und Krawatte.

Arbeitgeber hält Feststellung zur Anpassung der Arbeitskleidung an Raumklima für unwirksam

Die Arbeitgeberin focht den Spruch der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht an. Sie begehrte die Feststellung, dass die oben benannte Regelung zur Berechtigung zum Tragen von Pullovern und das Lockern der Krawatten unwirksam sei. Sie meinte, der Betriebsrat habe auch im Rahmen des Gesund­heits­schutzes keine Regelungs­zu­stän­digkeit über Unter­neh­mens­be­kleidung. Diese stehe ausschließlich dem Gesamt­be­triebsrat zu.

LAG weist Anträge der Arbeitgeberin zurück

Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag der Arbeitgeberin. Hiergegen legte der Betriebsrat Beschwerde beim Landes­a­r­beits­gericht ein. Der Gesamt­be­triebsrat wurde am Verfahren beteiligt. Das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg änderte die Entscheidung des Arbeitsgerichts ab und wies die Anträge der Arbeitgeberin zurück.

Örtlichem Betriebsrat steht Regelungs­zu­stän­digkeit für Fragen des Gesund­heits­schutzes zu

Das Landes­a­r­beits­gericht geht davon aus, dass der Gesamt­be­triebsrat regelungs­zu­ständig war für die Frage einer einheitlichen Unter­neh­mens­be­kleidung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Auch ist das Landes­a­r­beits­gericht der Auffassung, dass dem örtlichen Betriebsrat eine Regelungs­zu­stän­digkeit für Fragen des Gesund­heits­schutzes bei hohen oder niedrigen Raumtem­pe­raturen zustand gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.

Zuständigkeit des Betriebsrats ist hinzunehmen

Das Landes­a­r­beits­gericht kann jedoch anders als das Arbeitsgericht und entgegen der Rechts­auf­fassung der Arbeitgeberin vorliegend keinen Anwendungsfall des sogenannten Grundsatzes der Zustän­dig­keit­strennung erkennen, welcher besagt, dass innerhalb eines Mitbe­stim­mung­s­tat­be­standes des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes nur ein Gremium regelungs­zu­ständig sein kann. Vielmehr handelt sich um zwei verschiedene Mitbe­stim­mung­s­tat­be­stände, die lediglich in einem kleinen Teilbereich der Arbeits­be­kleidung Überschnei­dungen haben. Diese überschneidende Zuständigkeit des Betriebsrats ist hinzunehmen, zumal die einheitliche Beklei­dungs­ordnung als solche vom Betriebsrat nicht in Frage gestellt wird.

Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg/ra-online

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