14.11.2024
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Dokument-Nr. 21349

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Urteil20.07.2015Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg1 Sa 4/15
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil20.07.2015

Pflegekräfte haben weiterhin Anspruch auf GeriatriezulageErschwer­nis­zulage soll die besonderen Belastungen der Pflegekräfte bei der Pflege von kranken alten Menschen ausgleichen soll

In Altenheimen arbeitende Pflegekräfte, die überwiegend krankenpflege­bedürftige Alten­heim­be­wohner pflegen, haben nach wie vor Anspruch auf die so genannte Geriatriezulage. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Baden-Württemberg entschieden.

Der Arbeitgeber betreibt 65 Pflegeheime, vorwiegend in Baden-Württemberg. Dort sind ca. 3.500 Pflegekräfte beschäftigt. Aufgrund eines Anerken­nung­s­ta­rif­vertrags findet auf die Arbeits­ver­hältnisse der Beschäftigten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Nach der Vorbemerkung Nr. 5 Abs. 1 c) zur Entgeltordnung des TV-L steht den Pflegekräften eine monatliche Zulage in Höhe von € 46,02 brutto zu, wenn sie die Grund- und Behand­lungs­pflege zeitlich überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen ausüben.

Bundes­a­r­beits­gericht hat bereits über Vorgän­ger­re­ge­lungen entschieden

Zu gleichlautenden Vorgän­ger­re­ge­lungen im Bundes-Angestell­ten­ta­rif­vertrag und ähnlichen Tarifwerken hatte das Bundes­a­r­beits­gericht bereits im Jahr 1973 und später noch einmal im Jahr 1999 entschieden, aus der Systematik des Tarifvertrags ergebe sich, dass diese Zulage nicht nur an Pflegekräfte in Krankenhäusern, sondern auch an Pflegekräfte in Altenheimen zu zahlen sei. Voraussetzung sei allerdings, dass überwiegend kranken­pfle­ge­be­dürftige Alten­heim­be­wohner zu pflegen seien. Die Zulage sei eine Erschwer­nis­zulage, die die besonderen Belastungen der Pflegekräfte bei der Pflege von kranken alten Menschen ausgleichen solle.

Arbeitgeber hält Entscheidungen des Bundes­a­r­beits­ge­richts für falsch

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, das Bundes­a­r­beits­gericht habe bereits damals die tatsächlichen Verhältnisse verkannt. Gesunde alte Menschen seien nicht pflegebedürftig. Die Pflege­be­dürf­tigkeit resultiere allein aus Erkrankungen. Die in den Pflegeheimen untergebrachten alten Menschen seien fast ausnahmslos krank. Folge man dem Bundes­a­r­beits­gericht, so stehe jedem Altenpfleger die Zulage zu, sofern für das Arbeits­ver­hältnis der TV-L gelte. Das sei von den Tarif­ver­trags­parteien so nicht gewollt gewesen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Zulage solle die besonderen Belastungen ausgleichen, die sich bei der Pflege erkrankter alter Menschen ergäben. Diesen Zweck erfülle die Zulage nach wie vor.

Landes­a­r­beits­gericht folgt der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts

Das Landes­a­r­beits­gericht ist der bisherigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts gefolgt. Die Berufungs­ver­handlung habe zwar ergeben, dass - anders als früher - die alten Menschen so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung verblieben und daher meist in einem erkrankten Zustand in den Pflegeheimen untergebracht würden. Der demographische Wandel habe deshalb zur Folge, dass die Zahlung der Pflegezulage praktisch der Normalfall geworden sei. Dies bedeute für die Träger der Pflege­ein­rich­tungen einen beträchtlichen finanziellen Mehraufwand.

Neue Vereinbarungen hinsichtlich der geänderten gesell­schaftliche Verhältnisse müssen die Tarifparteien unter sich finden

Dennoch sei der Zweck der Zulage, die über die "normale" Altenpflege hinausgehenden besonderen Belastungen des Pflegepersonals bei der Pflege kranker alter Menschen auszugleichen, nach wie vor gegeben. Den geänderten gesell­schaft­lichen Verhältnissen könne nicht durch eine Recht­spre­chung­s­än­derung Rechnung getragen werden, etwa dahin, dass die Zulage nur noch bei der Pflege von schwerst pflege­be­dürftigen Menschen zu zahlen sei. Es sei die Aufgabe der Tarif­ver­trags­parteien, eine Änderung des Zulagensystems zu vereinbaren, wenn dieses ihrer Auffassung nach nicht mehr zeitgemäß sei.

Quelle: ra-online, LAG Baden-Württemberg (pm)

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