21.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 21333

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Hessisches Landessozialgericht Urteil29.05.2015

Berufs­genossen­schaft muss Schuss­ver­letzung eines Taxifahrers als Arbeitsunfall anerkennen und entschädigenTaxifahrer von schreiendem Passanten nieder­ge­schossen

Fordert ein Taxifahrer Personen, die sich lautstark dem Taxistand nähern, zur Ruhe auf und wird daraufhin nieder­ge­schossen, so ist dies von der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Dies gilt jedenfalls, soweit kein privates Überfallmotiv vorliegt und der Taxifahrer aus betrie­bs­be­zogenen Gründen gehandelt hat. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Taxifahrer war im Gespräch mit Kollegen, als sich zwei ihm unbekannte Männer schreiend dem Taxistand näherten. Der Taxifahrer ging von einem Streit aus und wollte schlichten. Er forderte die Männer mehrfach erfolglos auf, ruhig zu sein und abzuhauen. Einer der Männer zog schließlich eine Schusswaffe und zielte auf den Kopf des Taxifahrers, ohne dass sich jedoch ein Schuss löste. Der Taxifahrer ging daraufhin weiter auf ihn zu und forderte ihn erneut auf abzuhauen. Da lud der Mann die Pistole durch, schoss den Taxifahrer in den Bauch und verletzte ihn dabei schwer. Das Landgericht Darmstadt verurteilte den Täter wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Freiheitsstrafe.

Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnt Anerkennung als Arbeitsunfall ab

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Ein Unfall infolge einer Streitigkeit sei nur dann gesetzlich unfall­ver­sichert, wenn der Streit mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhänge. Der angestellte Taxifahrer habe hingegen nicht aus betrieblichen Gründen gehandelt, sondern die Bevölkerung vor einer Ruhestörung schützen wollen. Ferner habe er sich einer selbst geschaffenen Gefahr ausgesetzt, weil er nach der ersten Bedrohung mit der Schusswaffe den Streit nicht unverzüglich beendete habe.

Der Taxifahrer führte dagegen an, er habe den Täter und seinen Begleiter als mögliche Kunden angesehen und sie im Hinblick auf eine störungsfreie Fahrt mäßigen wollen. Auch könnten lärmende Personen im Bereich des Taxistandes andere Kunden abschrecken. Im Übrigen habe er die Schusswaffe zunächst nicht erkannt und sei vielmehr von einem Elektroschocker ausgegangen.

LSG: Taxifahrer handelte aus betrie­bs­be­zogenen Gründen

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts und der Vorinstanz gaben dem Taxifahrer Recht und bejahten einen versicherten Arbeitsunfall. Der Taxifahrer habe einen störungsfreien Taxibetrieb sicherstellen wollen. Potentielle Kunden sollten nicht durch Lärm abgeschreckt werden. Damit habe er aus betrie­bs­be­zogenen Gründen gehandelt. Insoweit sei unbedeutend, dass er auch die Bevölkerung vor Lärm habe schützen wollen. Ein privates Überfallmotiv liege nicht vor. Der Taxifahrer habe sich zudem nicht derart sorglos und unvernünftig verhalten, dass eine selbst­ge­schaffene Gefahr als allein wesentliche Ursache anzusehen sei. Er sei zunächst von einem Elektroschocker ausgegangen. Daher sei er sich der Gefahr aufgrund der Schusswaffe nicht bewusst gewesen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 8 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). [...]

§ 2 SGB VII

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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