18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil19.10.2017

Kosten für Behandlung in türkischer Privatklinik nur teilweise erstat­tungsfähigAuslands­kranken­schein für Türkei bewirkt nur Versi­che­rungs­schutz nach türkischem Recht

Leistungen der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung sind grundsätzlich in Deutschland zu erbringen. Der Leistungs­an­spruch ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten und gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist. Ein Leistungs­an­spruch kann sich insbesondere aus zwischen­staat­lichem Recht ergeben. Mit der Türkei ist ein entsprechendes Sozial­versicherungs­abkommen geschlossen worden. Danach stehen Versicherten medizinische Leistungen zu, soweit sie diese während eines vorübergehenden Aufenthalts in der Türkei wegen ihres Gesundheits­zustandes sofort benötigen. Der Leistungsumfang richtet sich nach türkischem Recht und umfasst regelmäßig keine Behandlungen in einer Privatklinik. Dies geht aus einer Entscheidung des Hessischen Landes­sozial­gerichts hervor.

Im zugrunde liegenden Fall erkrankte ein 12-jähriges Mädchen aus Kassel während eines Urlaubs in der Türkei an einer Magen-Darm-Entzündung und war dehydriert. Der Hotelarzt veranlasste, dass das Mädchen mit einem Notarztwagen in die 2,7 km entfernte Privatklinik verbracht wurde, wo es im Wesentlichen mit Infusionen behandelt und nach zwei Tagen wieder entlassen wurde. Für die stationäre Behandlung stellte die Privatklinik (umgerechnet) knapp 2.300 Euro in Rechnung. Die Mutter des Mädchens beantragte bei der gesetzlichen Krankenkasse die Erstattung der Behandlungskosten und berief sich auf den vor dem Urlaub ausgestellten Auslands­kran­ken­schein.

Gesetzliche Krankenkasse erstattet Behand­lungs­kosten anteilig

Die Krankenkasse holte eine Auskunft der nach dem deutsch-türkischen Sozia­l­ver­si­che­rungs­ab­kommen zuständigen Verbin­dungs­stelle ein. Diese teilte mit, dass lediglich Kosten in Höhe von (umgerechnet) ca. 370 Euro entstanden wären, wenn die Kranken­h­aus­be­handlung durch den türkischen Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger als Sachleistung erbracht worden wäre. Hierauf zahlte die Krankenkasse diesen Betrag und lehnte eine weitergehende Erstattung ab.

Zustehende Leistungen aufgrund des deutsch-türkischen Sozia­l­ver­si­che­rungs­ab­kommens beschränkt

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht gab - ebenso wie die Vorinstant - der Krankenkasse Recht. Aufgrund des deutsch-türkischen Sozia­l­ver­si­che­rungs­ab­kommens sei der Anspruch auf die nach dem türkischen Kranken­ver­si­che­rungs­system zustehenden Leistungen beschränkt. Daher habe die Krankenkasse nur Kosten in Höhe von 370 Euro zu erstatten. Dieser Betrag wäre für eine Behandlung in dem 12 km entfernten und mit einer Fahrzeit von 16 Minuten erreichbaren staatlichen Krankenhaus angefallen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Mädchen aus gesund­heit­lichen Gründen in der 2,7 km entfernten und in 5 Minuten Fahrtzeit erreichbaren Privatklinik habe behandelt werden müssen und die zusätzliche Fahrtstrecke mit einer Dauer von 11 Minuten bis in das staatliche Krankenhaus nicht zumutbar gewesen sei. Im Übrigen sei das Kind bereits im Notarztwagen ärztlich betreut worden.

§ 16 Sozial­ge­setzbuch Fünftes Buch (SGB V)

Erläuterungen
(1) Der Anspruch auf Leistungen ruht, solange Versicherte

1. sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist [...]

§ 6 Sozial­ge­setzbuch Fünftes Buch (SGB IV)

Regelungen des über- und zwischen­staat­lichen Rechts bleiben unberührt.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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