14.11.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil25.01.2007

Hessisches Landes­so­zi­al­gericht verurteilt Krankenkasse zur Kostenübernahme für "Lorenzos Öl"Spezialöl gilt als einzige Thera­pie­mög­lichkeit für seltene Erbkrankheit

Krankenkassen sind verpflichtet, die Kosten einer Behandlung mit dem sogenannten Lorenzos Öl zu erstatten, wenn es zur Behandlung der erblichen Stoff­wech­se­l­er­krankung Adreno­mye­lo­n­eu­r­o­pathie (AMN) eingesetzt wird. Das entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Die AMN ist eine seltene, ausschließlich bei Männern auftretende Erbkrankheit, bei der der Fettstoff­wechsel gestört ist. Die unheilbare Krankheit führt zu Schädigungen der Blasen-, Darm und Nierenfunktion, des Rückenmarks und des zentralen Nervensystems. Die Behandlung erfolgt durch eine fettreduzierte Diät und durch die Gabe von Lorenzo´s Öl, das die Konzentration überlang­kettiger Fettsäuren und damit Nervenschäden vermeiden hilft.

Im Fall eines seit seinem 17. Lebensjahr an AMN leidenden und an den Rollstuhl gefesselten Patienten hatte die Krankenkasse die Kostenübernahme für Lorenzo´s Öl mit dem Argument abgelehnt, es handele sich um kein zugelassenes Arzneimittel. Die Einnahme des Spezialöls sei zwar medizinisch sinnvoll, da es aber weder apothe­ken­pflichtig sei noch unter die Ausnah­me­re­ge­lungen der Arznei­mit­tel­richt­linien falle, könne die Kasse die Kosten nicht übernehmen.

Entgegen dem erstin­sta­nz­lichen Urteil gaben die Darmstädter Richter dem Kranken recht. Es sei für die Kostenübernahme unerheblich, dass das Spezialöl kein Medikament sei. Vielmehr ließen die Arznei­mit­tel­richt­linien seit Oktober 2005 auch die Freistellung von Kosten einer Behandlung zu, wenn es sich um diätetische Lebensmittel handele. Lorenzo´s Öl sei als solches zu betrachten. Die Kasse müsse daher ab dem Oktober 2005 die Kosten für das Spezialöl übernehmen. Der AMN-Patient bezifferte diese auf etwa 700 € monatlich.

Der Name für das Spezialöl, der auch Titel eines Hollywoodfilmes war, rührt von einem italie­nisch­stämmigen Amerikaner, dessen Sohn Lorenzo an der seltenen Erbkrankheit litt und für den es keine Thera­pie­mög­lich­keiten gab. Die Eltern experi­men­tierten so lange mit verschiedenen Oliven- und Rapsölen, bis das heute als Lorenzo´s Öl bekannte Spezialöl entdeckt war. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Glycerol-Trioleat (GTO) und Glycerol-Trieruct (GTE) im Verhältnis 1:4.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 07/07 des LSG Hessen vom 30.01.2007

der Leitsatz

1. Lorenzos Öl gehört mit Änderung der AMR ab 1. Oktober 2005 zu den nach Ziff. 15.2.5 AMR erstat­tungs­fähigen diätetischen Lebensmitteln.

2. Ab dem 1. Oktober 2005 besitzt ein Versicherter gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung seiner Adreno­mye­lo­n­eu­r­o­pathie (AMN) mit dem ärztlich verordneten Lorenzos Öl als erstat­tungs­fähiges diätetisches Lebensmittel nach Ziff. 15.2.5 AMR.

3. Vor dem 1. Oktober 2005 besitzt ein Versicherter keinen Koste­n­er­stat­tungs­an­spruch gegen seine Krankenkasse, da das Lorenzos Öl weder ein Ferti­g­a­rz­nei­mittel noch ein Rezep­tu­r­a­rz­nei­mittel nach § 21 AMG ist und auch nicht unter die Regelungen der Ziff. 17.1 Buchstabe i AMR a.F. fällt.

4. Die Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts zum Off-Label-Use ist auf die Behandlung von AMN mit Lorenzos Öl nicht anwendbar. 5. Eine analoge Anwendung der Ziff. 17.1 Buchstabe i AMR a.F. auf die Behandlung von AMN mit Lorenzos Öl ist nicht zulässig.

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