Hessisches Landessozialgericht Urteil19.06.2008
Krankenkasse muss Kosten für Prothese nach Teilamputation eines Fingers nicht übernehmenKeine wesentliche Minderung der Funktionsfähigkeit im alltäglichen Leben
Die gesetzliche Krankenversicherung muss eine Finger-Teilprothese nur bezahlen, soweit dies zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich ist. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn sich die Prothese nur geringfügig auf das Bedienen des Computers sowie das optische Erscheinungsbild auswirkt. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Der im kaufmännischen Bereich tätige Kläger aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg quetschte sich im Urlaub den rechten Zeigefinger. Nach gescheiterter Replantation wurde der Finger oberhalb des Mittelgliedes teilamputiert. Die Beweglichkeit konnte erhalten werden. Dennoch beantragte der Kläger im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit am PC die Versorgung mit einer Silikon-Prothese. Dies sei nicht erforderlich, so die Krankenkasse, da die grobe Funktion der Hand durch die Teilamputation nicht gestört sei. Die Prothese, die beim Maschinenschreiben eher hinderlich sei, diene daher nur kosmetischen Gründen.
Übrige Finger kompensieren den Verlust
Auch die Richter am Landessozialgericht verneinten einen Anspruch auf die beantragte Versorgung und hoben das stattgebende Urteil des Sozialgerichts auf. Die Krankenkassen seien im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nur zu einem Basisaugleich der Behinderung verpflichtet. Arbeitsplatzspezifische Leistungen seien hiervon grundsätzlich nicht erfasst. Da die übrigen Finger den Verlust kompensierten, könne zudem von einer wesentlichen Minderung der Funktionsfähigkeit im alltäglichen Leben nicht ausgegangen werden. So seien insbesondere Schlüssel- sowie Flaschengriff auch ohne entsprechende Prothese möglich. Gleiches gelte für das Bedienen von PC-Tastatur und Computer-Maus. Der für einen flüchtigen Beobachter kaum wahrnehmbare Verlust des Fingerendgliedes habe ferner bei dem Kläger keine entstellende Wirkung. Der Nutzen einer Teilprothese, die je nach Ausführung zwischen 1.630 € und 3.770 € koste, sei damit gering und eine Versorgung mit diesem Hilfsmittel deshalb nicht angemessen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 22/08 des LSG Hessen vom 23.07.2008