Hessisches Landessozialgericht Beschluss29.04.2021
Drei Monate mehr Arbeitslosengeld wegen der Corona-Pandemie nur bei Anspruchsende noch in 2020Pandemiebedingte Verlängerung des Arbeitslosengeldanspruchs um drei Monate stellt keine Gegenleistung für Beitragsleistung dar
Aufgrund der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber im vergangenen Jahr mit einer befristeten Sonderregelung den Anspruch auf Arbeitslosengeld um drei Monate verlängert. Dies gilt allerdings nur für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 ansonsten ausgelaufen wäre. Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, so das Hessischen Landessozialgericht. in einem aktuellen Beschluss.
Einem Versicherten war Arbeitslosengeld vom 30. Januar 2020 bis zum 28. Januar 2021 gewährt worden. Im Januar 2021 beantragte er gegenüber der Bundesagentur für Arbeit wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt Arbeitslosengeld noch bis Ende April. Nachdem die Bundesagentur seinen Antrag abgelehnt hatte, beantragte der arbeitslose Mann eine einstweilige gerichtliche Anordnung. Die Vorinstanz lehnte den Antrag ab
Keine Berücksichtigung der tatsächlichen Lage auf dem Arbeitsmarkt bei Arbeitslosengeldanspruch
Das LSG hat dies nun bestätigt. Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richte sich grundsätzlich nach der Dauer der Vorversicherungszeit und dem Lebensalter. Die tatsächlichen individuellen Vermittlungschancen blieben dagegen ebenso unberücksichtigt wie die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt. Auf die mit der Corona-Pandemie einhergehende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse komme es daher nicht an. Da der Arbeitslosengeldanspruch des Versicherten erst nach dem 31. Dezember 2020 ausgelaufen sei, resultiere auch aus der vorübergehenden Sonderregelung kein Leistungsanspruch über weitere drei Monate. Diese Vorschrift sei auf Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erst im Jahr 2021 ausgelaufen sei, nicht analog anzuwenden.
Gestaltungsfreiraum des Gesetzgebers nicht überschritten
Die Sonderregelung verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Er sei nicht verpflichtet, stets die optimale Lösung zu finden. Die Befristung der Leistungsverlängerung sei insbesondere nicht willkürlich, da für sie Sachgründe von hinreichendem Gewicht vorlägen. So sei es ein anerkanntes öffentliches Interesse, die Finanzierung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zu sichern. Die geschätzten 2 Mrd. Euro an zusätzlichen Kosten aufgrund der Sonderregelung wirkten sich bereits potentiell auf den Beitragssatz aus. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich die Pandemie zu Beginn am stärksten auf die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur ausgewirkt habe.
Pandemiebedingte Verlängerung des Arbeitslosengeldanspruchs keine Gegenleistung für Beitragsleistung
Schließlich könne sich der Versicherte nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Anwartschaften aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung - als Äquivalent eigener Leistung der Berechtigten - verfassungsrechtlich geschützt seien. Denn die pandemiebedingte Verlängerung des Arbeitslosengeldanspruchs um drei Monate sei gerade keine Gegenleistung für eine bestimmte Leistung der Beitragszahler.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.05.2021
Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online (pm/aw)