Hessisches Landessozialgericht Urteil15.04.2015
"Cash-statt-Handy-Geschäft" verringert nicht Hartz IV-AnspruchSofortauszahlung anstelle eines subventionierten Handy-Kaufs ist nicht als Einkommen zu berücksichtigten
Erhält ein Hartz IV-Empfänger aufgrund eines "Cash-statt-Handy-Geschäfts" anstelle der subventionierten Handy-Kaufoption eine Sofortauszahlung, so ist diese bei der Prüfung der Hilfsbedürftigkeit nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Sofortauszahlung geringer ist, als die Gebühren, die der Hartz IV-Empfänger ohne Telefonie an das Mobilfunkunternehmen zahlt. Denn insoweit komme es nicht zu einem Vermögenszuwachs, der zur Deckung des Lebensunterhaltes verwendet werden könnte. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Im zugrunde liegenden Fall schloss eine Frau, die Grundsicherung für Arbeitsuchende bezieht, mit einem Mobilfunkunternehmen vier Mobilfunkverträge mit einer zweijährigen Laufzeit. Die monatlichen Grundgebühren betrugen im ersten Jahr 14,95 Euro und im zweiten Jahr 10,25 Euro. Anstelle der subventionierten Handys erhielt die in Kassel lebende Frau von der Firma Handytraum24.de eine Barauszahlung in Höhe von 1.200 Euro. Das Jobcenter berücksichtigte diese Zahlung als Einkommen und reduzierte sechs Monaten lang den Grundsicherungsbetrag um jeweils 200 Euro.
Jobcenter bewertete Sofortauszahlung als Einkommen
Die Frau führte hingegen an, dass sie die 1.200 Euro monatlich zurückzahle und ihr das Geld deshalb nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden habe. Es sei im Übrigen für Fahrstunden ihres Ehemannes verwendet worden, da dieser mit Führerschein bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe. Zudem habe sie mit dem bereits zuvor vorhandenen Handy mit Prepaid-Karten telefoniert und die vier Mobilfunkverträge nicht genutzt. Das Jobcenter hingegen bewertete die Sofortauszahlung als Provision, welche sie als Einkommen anrechnete.
Gericht gibt Klage der Leistungsempfängerin statt
Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts und der Vorinstanz gaben der Frau Recht. Das von ihr getätigte Geschäft sei eine Kombination aus einem Abzahlungsgeschäft betreffend die Option auf den verbilligten Kauf von Handys bei Abschluss von Mobilfunkverträgen (Vertrag mit dem Mobilfunkunternehmen) in Verbindung mit einer Ersetzung dieser Handy-Kaufoption gegen die Sofortauszahlung von Geld (Vertrag mit Handytraum24.de). Spalte man diese beiden verbundenen Rechtsgeschäfte gedanklich zeitlich auf, habe die Frau letztendlich zunächst vier verbilligte Handys bei dem Mobilfunkunternehmen auf Raten erworben und diese Geräte sodann bei dem Vermittler in Geld umgesetzt.
Ausgezahlter Betrag ist kein anrechenbares Einkommen
Werde ein Vermögensgegenstand "zu Geld gemacht", könne dies jedoch nur dann als Einkommen angesehen werden, wenn ein Mehrerlös erzielt werde. Ein wirtschaftlicher Vermögenszuwachs sei vorliegend jedoch nicht eingetreten. Die Frau habe - ohne je einen der vier Mobilfunkverträge zum Telefonieren genutzt zu haben - zusätzlich zu den Grundgebühren (1.209,60 Euro in zwei Jahren) noch Verwaltungspauschalen sowie Gebühren für Tarifwechsel und für die Rechnungszahlung durch Überweisung gezahlt. Bei einem Gesamtbetrag von 1.630,96 Euro entspreche dies einem jährlichen Zinssatz von fast 18 %. Die ausgezahlten 1.200 Euro seien daher kein anrechenbares Einkommen.
Hinweise zur Rechtslage
§ 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert [...]. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen.
(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. 2 Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. 3 Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.05.2015
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online