21.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Hessisches Landessozialgericht Urteil24.03.2015

Sprung aus dem Fenster ist kein zu entschädigender ArbeitsunfallNeckereien unter Erwachsenen sind nicht gesetzlich unfall­ver­sichert

Verletzt sich ein Erwachsener aufgrund von Neckereien, so ist dies nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen und von der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung zu entschädigen. Es fehlt insoweit an dem erforderlichen sachlichen Zusammenhang zwischen Unfall und versicherter Tätigkeit. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Ein 27-jähriger Mann befand sich im Rahmen einer beruflichen Umschu­lungs­maßnahme im 1. OG des Unter­richts­ge­bäudes. Während einer - nicht beaufsichtigten - Unterrichtszeit versuchte eine der sechs Mitschülerinnen ihn mit einem Gummispritztier nass zu spritzen. Der Mann stand direkt an dem Fenster und versuchte sich dem Wasserstrahl zu entziehen, indem er über die Fensterbrüstung sprang. Hierdurch gelangte er auf ein vor dem Fenster befindliches Welldach, durch welches er hindurchstürzte. Dabei verletzte er sich an Fuß und Wirbelsäule.

Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnt Anerkennung als Arbeitsunfall ab

Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Der Mann sei im Rahmen einer Rangelei bzw. Neckerei aus dem Fenster gesprungen. Eine betrie­bs­dienliche Tätigkeit liege nicht vor. Der verletzte Mann führte hingegen an, dass er sich an der Rangelei nicht beteiligt habe. Beim Ausweichen habe er sich so unglücklich bewegt, dass er aus dem Fenster gefallen sei.

Neckereien sind als höchst­per­sönliche Verrichtungen nicht unfall­ver­sichert

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts gaben der Berufs­ge­nos­sen­schaft Recht. Ein Arbeitsunfall liege nur dann vor, wenn die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Höchst­per­sönliche Verrichtungen seien hingegen in der Regel nicht gesetzlich unfall­ver­sichert. Hierzu gehörten auch Neckereien und Spielereien, die grundsätzlich als ein den Interessen des Betriebes zuwider­lau­fendes Verhalten anzusehen seien. Anders sei dies lediglich bei Schülern und pubertierenden Jugendlichen. Insoweit seien die Gefahren zu berücksichtigen, die sich aus unzureichender Beaufsichtigung oder aus dem typischen Gruppen­ver­halten innerhalb des organi­sa­to­rischen Verant­wor­tungs­be­reichs der Schule ergeben würden. Der zum Unfallzeitpunkt 27-jährige Umschüler sei jedoch nicht anders zu beurteilen als ein 27-jähriger Beschäftigter in einem Großraumbüro. Zudem sei keineswegs von einem Sturz, sondern vielmehr von einem gezielten Sprung aus dem Fenster auszugehen. Dies ergebe sich aus dem Gesche­hens­ablauf sowie den Angaben des Verletzten und dessen Mitschülerinnen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 8 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). [...]

§ 2 SGB VII

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

[...]

2. Lernende während der beruflichen Aus% und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen, [...]

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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