Dokument-Nr. 21744
Permalink https://urteile.news/
Hessisches Landessozialgericht Urteil14.07.2015
Hepatitis-Infektion einer Krankenschwester ist als Berufskrankheit anzuerkennenBerufsgenossenschaft muss Hepatitis-C-Infektion einer Blutspendedienst-Mitarbeiterin als Berufskrankheit entschädigen
Bei einer im Blutspendedienst tätigen Krankenschwester ist aufgrund des ständigen Kontaktes mit Blut eine besonders erhöhte Gefahr einer Hepatitis-C-Virusinfektion anzunehmen. Eine entsprechende Infektion ist daher als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Eine ausgebildete Krankenschwester war in den Jahren 1987 bis 1992 bei einem Blutspendedienst für die intravenöse Blutabnahme zuständig. Anschließend arbeitete sie als Steuerfachangestellte. 2004 wurde eine vergrößerte Leber und als Zufallsbefund eine Hepatitis-C-Virusinfektion festgestellt. Die ehemalige Krankschwester beantragte daraufhin die Anerkennung als Berufskrankheit. Sie habe monatlich ca. 400 Blutabnahmen durchgeführt und sich dabei auch manchmal mit der Nadel verletzt.
Berufsgenossenschaft verneint erhöhtes Infektionsrisiko
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung ab. Sie verwies die 58-jährige Frau aus Offenbach darauf, dass die vorliegenden Studien kein erhöhtes Risiko einer Hepatitis-C-Infektion bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst ergeben hätten.
Infektionsrisiko einer Krankenschwester im Blutspendedienst im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besonders erhöht
Das Hessische Landessozialgericht verurteilte die Berufsgenossenschaft, eine Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen. Die ehemalige Krankenschwester sei bei ihrer Tätigkeit einer Krankenschwester im Blutspendedienst einem besonders erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. Hepatitis-C-Viren würden überwiegend parenteral (d.h. unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes) und selten durch sexuelle oder Alltagskontakte übertragen. Im Bereich der Heilberufe erfolge die Infektion überwiegend durch Blut bzw. Blutprodukte infolge von Nadelstichverletzungen. Das Infektionsrisiko bei Verletzung mit einer nachweislich bei einem infektiösen Patienten gebrauchten Nadel betrage bei Hepatitis C ca. 3 %.
Im Übrigen liege nach Auffassung der Richter bei der ehemaligen Krankenschwester ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Infektionsrisiko nicht mit der erforderlichen Gewissheit vor.
Hinweise zur Rechtslage
§ 9 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)
(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; [...]
§ 1 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
Berufskrankheiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten [...]
Anlage 1 zur BKV
Nr. 3101: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.10.2015
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil21744
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.