18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil14.07.2015

Hepatitis-Infektion einer Kranken­schwester ist als Berufskrankheit anzuerkennenBerufs­genossen­schaft muss Hepatitis-C-Infektion einer Bluts­pen­de­dienst-Mitarbeiterin als Berufskrankheit entschädigen

Bei einer im Bluts­pen­de­dienst tätigen Kranken­schwester ist aufgrund des ständigen Kontaktes mit Blut eine besonders erhöhte Gefahr einer Hepatitis-C-Virusinfektion anzunehmen. Eine entsprechende Infektion ist daher als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Eine ausgebildete Kranken­schwester war in den Jahren 1987 bis 1992 bei einem Bluts­pen­de­dienst für die intravenöse Blutabnahme zuständig. Anschließend arbeitete sie als Steuer­fach­an­ge­stellte. 2004 wurde eine vergrößerte Leber und als Zufallsbefund eine Hepatitis-C-Virusinfektion festgestellt. Die ehemalige Krankschwester beantragte daraufhin die Anerkennung als Berufskrankheit. Sie habe monatlich ca. 400 Blutabnahmen durchgeführt und sich dabei auch manchmal mit der Nadel verletzt.

Berufs­ge­nos­sen­schaft verneint erhöhtes Infek­ti­o­ns­risiko

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung ab. Sie verwies die 58-jährige Frau aus Offenbach darauf, dass die vorliegenden Studien kein erhöhtes Risiko einer Hepatitis-C-Infektion bei Beschäftigten im Gesund­heits­dienst ergeben hätten.

Infek­ti­o­ns­risiko einer Kranken­schwester im Bluts­pen­de­dienst im Vergleich zur Allge­mein­be­völ­kerung besonders erhöht

Das Hessische Landes­so­zi­al­gericht verurteilte die Berufs­ge­nos­sen­schaft, eine Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen. Die ehemalige Kranken­schwester sei bei ihrer Tätigkeit einer Kranken­schwester im Bluts­pen­de­dienst einem besonders erhöhten Infek­ti­o­ns­risiko ausgesetzt gewesen. Hepatitis-C-Viren würden überwiegend parenteral (d.h. unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes) und selten durch sexuelle oder Alltagskontakte übertragen. Im Bereich der Heilberufe erfolge die Infektion überwiegend durch Blut bzw. Blutprodukte infolge von Nadel­stich­ver­let­zungen. Das Infek­ti­o­ns­risiko bei Verletzung mit einer nachweislich bei einem infektiösen Patienten gebrauchten Nadel betrage bei Hepatitis C ca. 3 %.

Im Übrigen liege nach Auffassung der Richter bei der ehemaligen Kranken­schwester ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Infek­ti­o­ns­risiko nicht mit der erforderlichen Gewissheit vor.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 9 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Berufs­krank­heiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechts­ver­ordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufs­krank­heiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechts­ver­ordnung solche Krankheiten als Berufs­krank­heiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; [...]

§ 1 Berufs­krank­heiten-Verordnung (BKV)

Berufs­krank­heiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten [...]

Anlage 1 zur BKV

Nr. 3101: Infek­ti­o­ns­krank­heiten, wenn der Versicherte im Gesund­heits­dienst, in der Wohlfahrts­pflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infek­ti­o­ns­gefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt ist.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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