21.11.2024
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Dokument-Nr. 3744

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Hessisches Landessozialgericht Urteil23.11.2006

Geschäftsführer ohne Gesell­schaf­t­er­status sind nicht automatisch abhängig BeschäftigteAuch ohne Stammkapital maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens

Geschäftsführer, die am Kapital der Gesellschaft, für die sie tätig sind, nicht beteiligt sind, stehen in der Regel in einem abhängigen Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis. Hat aber ein Geschäftsführer "beherrschenden Einfluss" auf das Unternehmen, auch ohne Gesellschafter zu sein, so ist nach einem Urteil des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen, die nicht sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtig ist.

Im vorliegenden Fall war ein heute 36jähriger Bankkaufmann und Betriebswirt direkt nach Studienende Geschäftsführer einer Wirtschafts­be­ratungs- und Controlling GmbH im Kreis Marburg-Biedenkopf geworden. Er besaß keine Anteile an der GmbH und die im Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen sprachen für eine abhängige Tätigkeit. Aus diesen Gründen wurde er auch von der Krankenkasse als sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtiger Arbeitnehmer eingestuft.

Die hiergegen gerichtete Klage war in der zweiten Instanz erfolgreich. Die Darmstädter Richter sahen besondere Umstände als gegeben an, die für eine selbständige Tätigkeit trotz fehlenden Gesell­schaf­t­er­status sprachen. So sei der Geschäftsführer zwar rein formal dem Direktionsrecht der Gesellschafter unterworfen gewesen, faktisch habe er aber weder in organi­sa­to­rischer oder finanzieller noch in administrativer Hinsicht einem Weisungsrecht unterlegen. Auch ohne Stammkapital habe er maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens genommen und es nach seinem Gutdünken geführt. Im Bereich Anlagenberatung verfügte er darüber hinaus als einziger über das notwendige Fachwissen und war daher auch allein zuständig. Aufgrund seines beherrschenden tatsächlichen Einflusses auf das Unternehmen habe seine Gesellschafter-Tätigkeit als selbständige und mithin sozia­l­ver­si­che­rungsfreie zu gelten.

Da die höchst­rich­terliche Rechtsprechung bisher nur Geschäftsführer als Selbständige betrachtet hat, die entweder Anteile am Stammkapital des Unternehmens oder familiäre Bindungen zu den Gesellschaftern hatten, wurde der Fall wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung zur Revision zugelassen.

Siehe auch:

Selbständige GmbH-Geschäftsführer möglicherweise renten­ver­si­che­rungs­pflichtig (Bundes­so­zi­al­gericht, Urteil v. 24.11.2005 - B 12 RA 1/04 R -)

Allein­ge­sell­schafterin einer Komplementär-GmbH ist selbständig (Sozialgericht Düsseldorf, Urteil v. 02.11.2005 - S 25 AL 102/04 -)

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/07 des LSG Hessen vom 05.02.2007

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