15.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil24.11.2005

Selbständige GmbH-Geschäftsführer möglicherweise renten­ver­si­che­rungs­pflichtig

Im Unterschied zu den anderen Zweigen der Sozia­l­ver­si­cherung kennt die gesetzliche Renten­ver­si­cherung seit jeher auch eine Versi­che­rungs­pflicht bestimmter Gruppen von Selbstständigen, etwa von Lehrern. Im Zusammenhang mit der rechts­po­li­tischen Diskussion um die Bedeutung neuer Formen von Erwerbsarbeit für die Grundlagen der Sozia­l­ver­si­cherung hat der Gesetzgeber den Personenkreis der renten­ver­si­che­rungs­pflichtigen Selbstständigen erweitert.

Kraft Gesetzes einbezogen sind seit dem 1. Januar 1999 auch alle Selbstständigen, die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und im Zusammenhang dieser Tätigkeit nicht selbst einen versi­che­rungs­pflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen (sog. arbeit­neh­mer­ähnliche Selbstständige).

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat nunmehr entschieden, dass die Neuregelung auch auf selbstständige GmbH-Geschäftsführer Anwendung findet. Entscheidend ist dabei allein, ob der Geschäftsführer selbst die genannten Voraussetzungen der Versi­che­rungs­pflicht erfüllt, insbesondere ob die GmbH sein einziger Auftraggeber ist. Dagegen kommt es auf die Verhältnisse der GmbH, das heißt die Frage, wie viele Auftraggeber diese ihrerseits hat und ob sie wenigstens einen versi­che­rungs­pflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, nicht an. Der 12. Senat ist insofern einer bisher von den Versi­che­rungs­trägern vertretenen Auffassung nicht gefolgt. Diese hatten angenommen, die Renten­ver­si­che­rungs­pflicht des Geschäfts­führers hänge von der ihm zuzurechnenden Situation der GmbH ab.

Der Kläger im vorliegenden Fall ist Allein­ge­sell­schafter und Geschäftsführer einer von ihm im Jahre 1995 gegründeten Einmann-GmbH, deren Geschäftszweck die Unter­neh­mens­be­ratung ist. Die Beklagte stellte mit den angegriffenen Bescheiden die Versi­che­rungs­pflicht des Klägers ab dem 1. Januar 1999 fest, weil die GmbH nur für einen Auftraggeber tätig war. Das Sozialgericht hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landes­so­zi­al­gericht das Urteil des Sozialgerichts und die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Versi­che­rungs­pflicht der selbstständig Erwerbstätigen bei einem Gesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH nicht eingreife. Die Vorschrift sei auf juristische Personen nicht anwendbar. Auf die Revision des beklagten Renten­ver­si­che­rungs­trägers hat das Bundes­so­zi­al­gericht das Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts aufgehoben und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Entscheidung bezieht sich allein auf die gesetzliche Renten­ver­si­cherung. Sie führt hier dazu, dass neben denjenigen Geschäfts­führern einer GmbH, die wegen fehlenden Einflusses auf die Willensbildung in der Gesell­schaf­ter­ver­sammlung bereits bisher als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gesetzlich versichert waren, nunmehr unter bestimmten Umständen auch selbstständige Geschäftsführer in das System einbezogen werden. Eine gesetzliche Versi­che­rungs­pflicht dieses Personenkreises auch in der Kranken-, Pflege- und Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung ist dagegen nicht vorgesehen.

Das Steuerrecht sieht sich an die arbeits- und sozia­l­ver­si­che­rungs­rechtliche Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, grundsätzlich nicht gebunden. Schon bislang war es daher möglicherweise vielfach so, dass Geschäftsführer einer GmbH steuerrechtlich als (lohnsteu­er­pflichtige) Arbeitnehmer angesehen, während sie sozia­l­ver­si­che­rungs­rechtlich als selbstständig betrachtet wurden und damit von der Versi­che­rungs­pflicht nicht erfasst waren. Die Entscheidung ändert an dieser unter­schied­lichen Wertung der Rechtsgebiete nichts und führt lediglich zu einer Klärung innerhalb des Renten­ver­si­che­rungs­rechts.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 08/06 des BSG vom 09.02.2006

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