Hessisches Landessozialgericht Urteil04.12.2008
Gesetzliche Krankenversicherung. Sonderkündigungsrecht bei BeitragssatzerhöhungAuch wenn die Erhöhung zum Beginn der Mitgliedschaft erfolgt
Ein gesetzlich Krankenversicherter hat auch dann ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Beitragssatz mit Beginn seiner Mitgliedschaft erhöht wird. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Die 55-jährige Klägerin aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf wechselte zum 1. April 2004 die gesetzliche Krankenkasse und wurde Mitglied einer Betriebskrankenkasse. Diese hob zum gleichen Zeitpunkt den Beitragssatz von 12,8 % auf 13,8 % an. Aufgrund dieser Erhöhung berief sich die Klägerin im Mai 2004 auf ihr Sonderkündigungsrecht. Die Krankenkasse vertrat hingegen die Auffassung, dass eine Beitragssatzerhöhung nicht vorliege. Schließlich habe der erhöhte Beitragssatz bereits gegolten, als die Klägerin Mitglied geworden sei.
Landessozialgericht: Beitragssatzerhöhung berechtigt zur Sonderkündigung
Die Darmstädter Richter entschieden, die Klägerin habe rechtswirksam von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Zwar seien Versicherte grundsätzlich mindestens 18 Monate an ihre Krankenkassenwahl gebunden. Bei einer Beitragssatzerhöhung könnten sie jedoch zum Ablauf des auf die Erhöhung folgenden Monats kündigen. Dieses Sonderkündigungsrecht bestehe auch, wenn die Mitgliedschaft des betreffenden Versicherten an dem Tag beginne, an welchem auch die Beitragssatzerhöhung erfolge. Denn die Mitgliedschaft sei bereits durch die wirksame Wahlrechtserklärung der Klägerin im Februar 2004 rechtlich begründet worden. Außerdem sei nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht Voraussetzung für eine Sonderkündigung, dass der Versicherte von der Erhöhung unmittelbar betroffen ist. Dies entspreche dem Zweck des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes. Danach sollen die Krankenkassen bei jeder Beitragssatzerhöhung das Risiko haben, dass ihre Mitglieder vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Dies zwinge die Kassen mittelbar dazu, eine Beitragssatzanhebung nur als "letztes Mittel" einzusetzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.02.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 06/09 des LSG Hessen vom 11.02.2009