21.11.2024
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil16.11.2011

Hessischer VGH hebt Ausweisung eines Hasspredigers auf – Anspruch auf Aufent­halts­ge­neh­migung jedoch verneintÄußerungen des afghanischen Imam kommt kein volks­ver­het­zender Charakter zu

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat eine gegen einen so genannten Hassprediger ergangene Ausweisung aufgehoben. Die von dem afghanischen Imam auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis gerichtete Klage wies das Gericht jedoch ab.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein seit 20 Jahren in Deutschland lebender afghanischer Staats­an­ge­höriger, war seit Juli 2000 in verschiedenen Moscheen in Frankfurt am Main als Imam tätig. Gegen ihn eingeleitete staats­an­walt­schaftliche Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Aufrufs zum Dschihad und zu Selbst­mor­d­at­tentaten wurden mangels zureichenden Anlasses zur Anklageerhebung eingestellt. Die Ermitt­lungs­ver­fahren waren eingeleitet worden, nachdem in einer Fernsehsendung des Magazins Report Mainz vom 8. August 2005 ein vermummter Augenzeuge davon berichtet hatte, der Kläger habe anlässlich eines Freitagsgebets zum Märtyrertod und zum Dschihad gegen die Amerikaner und die Ungläubigen aufgerufen. Die nachfolgenden Auswertungen des Mitschnitts der Rede ergaben, dass diese nicht die dem Kläger zugeschriebenen Äußerungen und auch keine weiteren Beiträge von straf­recht­licher Relevanz enthielt.

Stadt Offenbach lehnt Antrag auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis ab

Die Stadt Offenbach erließ gegen den Kläger eine Ausweisung und lehnte dessen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe laut Erkenntnissen des Verfas­sungs­schutzes während mehrerer Predigten zur Gewalt gegen Ungläubige aufgerufen und sei folglich als so genannter Hassprediger einzustufen.

VG Darmstadt: Ausweisung aufgrund volks­ver­het­zender Äußerungen des Klägers rechtmäßig

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt wies die gegen die Ausweisung und die Versagung der Aufent­halt­s­er­laubnis gerichtete Klage mit Urteil vom 18. November 2009 ab. Es führte zur Begründung aus, dass dem Kläger zwar nicht entge­gen­ge­halten werden könne, dass er zum Kampf gegen die ISAF in Afghanistan und zum Dschihad gegen Nichtgläubige aufgerufen habe; die entsprechenden Feststellungen beruhten auf nachrich­ten­dienst­lichen Erkenntnissen, deren Quellen nicht offengelegt worden seien. Die Ausweisung sei gleichwohl rechtmäßig, denn der Kläger habe sich seinen Zuhörern gegenüber in volks­ver­het­zender Weise geäußert, indem er durch funda­men­ta­lis­la­mis­tische, die westliche Werteordnung ablehnende und verächtlich machende Reden Feindschaft gegen die nicht­mus­li­mische Bevölkerung in Deutschland und gegen die deutschen Soldaten in Afghanistan geschürt habe.

Hessischer VGH sieht Auswei­sung­s­tat­bestand nicht erfüllt

Dieser Einschätzung ist der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof jedoch nicht gefolgt. Zwar habe sich der Kläger mehrfach in stark verzerrender, einseitiger und polemischer Weise kritisch mit dem Vorgehen der ISAF in Afghanistan ausein­an­der­gesetzt. Eine Aufstachelung zum Hass gegen Bevöl­ke­rungsteile in Deutschland (etwa hier lebende Frauen oder die in Afghanistan stationierten deutschen Soldaten), wie sie der Auswei­sung­s­tat­bestand verlange, sei den Predigten des Klägers aber nicht zu entnehmen. Das hessische Landesamt für Verfas­sungs­schutz sei in einer Stellungnahme selbst davon ausgegangen, dass den Äußerungen des Klägers kein volks­ver­het­zender Charakter zukomme.

Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis

Einen Anspruch auf Erteilung einer Aufent­halt­s­er­laubnis habe der Kläger dagegen nicht. Er sei aller Voraussicht nach auf Dauer außerstande, seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Familie in Deutschland zu sichern.

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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