Dokument-Nr. 12572
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil16.11.2011
Hessischer VGH hebt Ausweisung eines Hasspredigers auf – Anspruch auf Aufenthaltsgenehmigung jedoch verneintÄußerungen des afghanischen Imam kommt kein volksverhetzender Charakter zu
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat eine gegen einen so genannten Hassprediger ergangene Ausweisung aufgehoben. Die von dem afghanischen Imam auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage wies das Gericht jedoch ab.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein seit 20 Jahren in Deutschland lebender afghanischer Staatsangehöriger, war seit Juli 2000 in verschiedenen Moscheen in Frankfurt am Main als Imam tätig. Gegen ihn eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Aufrufs zum Dschihad und zu Selbstmordattentaten wurden mangels zureichenden Anlasses zur Anklageerhebung eingestellt. Die Ermittlungsverfahren waren eingeleitet worden, nachdem in einer Fernsehsendung des Magazins Report Mainz vom 8. August 2005 ein vermummter Augenzeuge davon berichtet hatte, der Kläger habe anlässlich eines Freitagsgebets zum Märtyrertod und zum Dschihad gegen die Amerikaner und die Ungläubigen aufgerufen. Die nachfolgenden Auswertungen des Mitschnitts der Rede ergaben, dass diese nicht die dem Kläger zugeschriebenen Äußerungen und auch keine weiteren Beiträge von strafrechtlicher Relevanz enthielt.
Stadt Offenbach lehnt Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab
Die Stadt Offenbach erließ gegen den Kläger eine Ausweisung und lehnte dessen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes während mehrerer Predigten zur Gewalt gegen Ungläubige aufgerufen und sei folglich als so genannter Hassprediger einzustufen.
VG Darmstadt: Ausweisung aufgrund volksverhetzender Äußerungen des Klägers rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Darmstadt wies die gegen die Ausweisung und die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage mit Urteil vom 18. November 2009 ab. Es führte zur Begründung aus, dass dem Kläger zwar nicht entgegengehalten werden könne, dass er zum Kampf gegen die ISAF in Afghanistan und zum Dschihad gegen Nichtgläubige aufgerufen habe; die entsprechenden Feststellungen beruhten auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen, deren Quellen nicht offengelegt worden seien. Die Ausweisung sei gleichwohl rechtmäßig, denn der Kläger habe sich seinen Zuhörern gegenüber in volksverhetzender Weise geäußert, indem er durch fundamentalislamistische, die westliche Werteordnung ablehnende und verächtlich machende Reden Feindschaft gegen die nichtmuslimische Bevölkerung in Deutschland und gegen die deutschen Soldaten in Afghanistan geschürt habe.
Hessischer VGH sieht Ausweisungstatbestand nicht erfüllt
Dieser Einschätzung ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht gefolgt. Zwar habe sich der Kläger mehrfach in stark verzerrender, einseitiger und polemischer Weise kritisch mit dem Vorgehen der ISAF in Afghanistan auseinandergesetzt. Eine Aufstachelung zum Hass gegen Bevölkerungsteile in Deutschland (etwa hier lebende Frauen oder die in Afghanistan stationierten deutschen Soldaten), wie sie der Ausweisungstatbestand verlange, sei den Predigten des Klägers aber nicht zu entnehmen. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz sei in einer Stellungnahme selbst davon ausgegangen, dass den Äußerungen des Klägers kein volksverhetzender Charakter zukomme.
Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
Einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe der Kläger dagegen nicht. Er sei aller Voraussicht nach auf Dauer außerstande, seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Familie in Deutschland zu sichern.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.12.2011
Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online
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