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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Urteil10.03.2016
Kosten einer vorbeugenden Brustoperation können im Einzelfall beihilfefähig seinNach Einzelfallprüfung ist bereits Vorhandensein einer BRCA-2-Genmutation als Krankheit im Sinne der Beihilfeverordnung anzusehen
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte in einem Berufungsverfahren die Frage zu entscheiden, ob die Kosten einer prophylaktischen Brustoperation mit Implantatrekonstruktion durch den Dienstherrn als beihilfefähige Aufwendungen anzuerkennen sind.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens, eine Beamtin des Landes Hessen, ist erwiesenermaßen Trägerin des BRCA-2-Gens. Hierbei handelt es sich um ein Gen, das bei einer entsprechenden familiären Vorbelastung mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Trägerin zu einer Brustkrebserkrankung führen wird, wobei die Wahrscheinlichkeit bei etwa 80 % liegt.
Klägerin ist aufgrund von Brustkrebserkrankungen von Familienmitgliedern deutlich erblich vorbelastet
Im Fall der Klägerin sind die entsprechenden familiären Vorbelastungen gegeben, mehrere weibliche Mitglieder der Familie sind an Brustkrebs erkrankt. Nach ärztlichem Urteil handelt es sich bei der Klägerin um eine Hochrisikopatientin. Den Antrag der Klägerin auf Zusage einer Kostenübernahme sowie ihren nach der mittlerweile durchgeführten Operation gestellten Antrag auf Kostenübernahme lehnte das beklagte Land Hessen ab.
Dienstherr muss Beamtinnen und Beamten aufgrund seiner Fürsorgepflicht vor unzumutbaren Belastungen schützen
Der dagegen von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklage hatte das Verwaltungsgericht Darmstadt mit der Begründung stattgegeben, dass eine Anerkennung derartiger Kosten in den Vorschriften der derzeit gültigen Beihilfeverordnung des Landes Hessen zwar nicht vorgesehen sei, aus der im Grundgesetz (GG) verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn folge jedoch die Verpflichtung Beamtinnen und Beamten vor unzumutbaren Belastungen zu schützen. Daher sei es im Fall der Klägerin mit Blick auf die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht geboten, die in der Beihilfeverordnung bestehende Lücke durch eine richterliche Entscheidung zu schließen.
Dienstherr ist nach Einzelfallprüfung zur Gewährung von Beihilfe für Kosten einer prophylaktischen Brustdrüsenentfernung verpflichtet
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt im Ergebnis bestätigt und die Berufung des Landes Hessen zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, dass die Hessische Beihilfeverordnung verfassungskonform im Lichte des durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbereichs der Fürsorgepflicht des Dienstherrn auszulegen sei. Daraus folge, dass nach Einzelfallprüfung bereits das Vorhandensein einer BRCA-2-Genmutation als Krankheit im Sinne der Hessischen Beihilfeverordnung anzusehen sei mit der Folge, dass der Dienstherr auf dieser Grundlage zur Gewährung von Beihilfe für die Kosten einer prophylaktischen Brustdrüsenentfernung verpflichtet sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2016
Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online
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