18.10.2024
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Dokument-Nr. 30578

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Gericht der Europäischen Union Urteil07.07.2021

EuG äußert sich erstmals zur Eintragung einer im Audioformat dargestellten HörmarkeZischen einer Getränkedose kein eintra­gungs­fähiges Hörzeichen

Eine Audiodatei, die den Klang enthält, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von Geräusch­lo­sigkeit und einem Prickeln, kann nicht als Marke für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport eingetragen werden, da sie nicht unter­scheidungs­kräftig ist. Die hat das Gericht der Europäischen Union entschieden

Die Klägerin, die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG meldete beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein Hörzeichen als Unionsmarke an. Dieses mittels Audiodatei dargestellte Zeichen erinnert an den Klang, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Die Eintragung wurde für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport beantragt. Das EUIPO wies diese Anmeldung zurück und begründete dies mit der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke.

Verbraucher muss durch bloße Wahrnehmung der Marke Verbindung zu ihrer betrieblichen Herkunft herstellen können

In seinem Urteil weist das Gericht der Europäischen Union die Klage der Ardagh Metal Beverage Holdings ab. Zunächst weist das Gericht darauf hin, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unter­schei­dungskraft von Hörmarken keine anderen sind als die für die übrigen Marken­ka­te­gorien geltenden, und ein Hörzeichen über eine gewisse Resonanz verfügen muss, anhand deren der angesprochene Verbraucher es als Marke und nicht bloß als funktionalen Bestandteil oder als Indikator ohne wesenseigene Merkmale erkennen kann. Der Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienst­leis­tungen muss somit durch die bloße Wahrnehmung der Marke, ohne dass diese mit anderen Elementen wie insbesondere Wort- oder Bildelementen oder gar einer anderen Marke kombiniert ist, in der Lage sein, die Verbindung zu ihrer betrieblichen Herkunft herzustellen.

Für dreidi­men­sionale Marken ergangene Rechtsprechung nicht auf Hörmarken anwendbar

Soweit das EUIPO die Rechtsprechung analog angewandt hat, nach der nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchen­üb­lichkeit abweicht, auch Unter­schei­dungskraft besitzt, weist das Gericht sodann darauf hin, dass diese Rechtsprechung im Hinblick auf dreidi­men­sionale Marken entwickelt worden ist, die aus der Form der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, obwohl es eine Norm oder Branchen­üb­lichkeit in Bezug auf diese Form gibt. Allerdings wird in diesem Fall der betroffene Verbraucher, der gewohnt ist, eine oder mehrere Formen zu sehen, die der Norm oder der Branchen­üb­lichkeit entsprechen, die dreidi­men­sionale Marke nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrnehmen, wenn ihre Form mit der oder den üblichen Formen identisch oder ihr ähnlich ist. Diese Rechtsprechung stellt keine neuen Kriterien für die Beurteilung der Unter­schei­dungskraft einer Marke auf, sondern stellt lediglich klar, dass bei der Anwendung dieser Kriterien die Wahrnehmung des Durch­schnitts­ver­brauchers im Fall einer dreidi­men­si­onalen Marke nicht notwendig die gleiche ist wie im Fall einer Wort-, Bild- oder Hörmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erschei­nungsbild oder der Form der Waren unabhängig ist. Folglich kann diese zu dreidi­men­si­onalen Marken ergangene Rechtsprechung grundsätzlich nicht auf Hörmarken angewandt werden.

Klang beim Öffnen einer Dose rein technisches und funktionelles Element

Obwohl das EUIPO diese Rechtsprechung zu Unrecht angewandt hat, stellt das Gericht jedoch fest, dass dieser Fehler nicht geeignet ist, die in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen fehlerhaft erscheinen zu lassen, da diese auch auf einen anderen Grund gestützt ist. Zu diesem anderen Grund, der auf der Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise als funktionelles Element der in Rede stehenden Waren beruht, führt das Gericht zum einen aus, dass der Klang, der beim Öffnen einer Dose entsteht, in Anbetracht der Art der Waren tatsächlich als ein rein technisches und funktionelles Element angesehen werden wird.

Klangelemente hier nicht prägnant genug

Das Öffnen einer Dose oder Flasche ist nämlich einer technischen Lösung im Rahmen des Umgangs mit Getränken zum Zwecke ihres Verzehrs inhärent, so dass dieser Klang nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren wahrgenommen werden wird. Zum anderen verbinden die maßgeblichen Verkehrskreise den Klang des Prickelns von Perlen unmittelbar mit Getränken. Ferner weisen die Klangelemente und die etwa eine Sekunde dauernde Geräusch­lo­sigkeit in ihrer Gesamtheit betrachtet kein wesentliches Merkmal auf, das ermöglicht, von diesen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren wahrgenommen zu werden. Diese Elemente sind nicht prägnant genug, um sich von vergleichbaren Klängen auf dem Gebiet der Getränke zu unterscheiden. Folglich bestätigt das Gericht das Ergebnis des EUIPO in Bezug auf die fehlende Unter­schei­dungskraft der angemeldeten Marke.

Fehler des EUIPO führt nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

Schließlich weist das Gericht die Feststellung des EUIPO zurück, dass es auf den Märkten der Getränke und Geträn­ke­ver­pa­ckungen unüblich sei, ausschließlich mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, da diese Waren bis zu ihrem Verzehr geräuschlos seien. Die meisten Waren sind nämlich an sich geräuschlos und erzeugen nur dann einen Klang, wenn sie konsumiert werden. Die bloße Tatsache, dass ein Klang nur beim Verzehr zu hören ist, bedeutet daher nicht, dass die Verwendung von Klängen zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft eines Produkts auf einem bestimmten Markt noch unüblich ist. Jedoch führt ein etwaiger Fehler des EUIPO in dieser Hinsicht nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da er keinen entscheidenden Einfluss auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung hatte.

Quelle: Gericht der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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