21.11.2024
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil12.04.2022

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Arbeitsteilung in Arztpraxis kann zu Gewerbebetrieb führenFreiberufliche Tätigkeit muss bei Personen- oder Partnerschafts­gesellschaft bei allen Gesellschaftern vorliegen

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 16. September 2021 (4 K 1270/19) – gegen das die Revision zugelassen wurde - hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Gemein­schaft­s­praxis von Zahnärzten insgesamt als Gewerbebetrieb einzustufen (und damit gewerbe­steuerpflichtig) ist, wenn einer der Ärzte für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- und Behandlungs­leistungen am Patienten erbringt.

Die Klägerin ist eine in Rheinhessen ansässige sog. Partner­schafts­ge­sell­schaft, in der sich mehrere approbierte Zahnärzte zur gemeinsamen Ausübung der zahnärztlichen Behandlung von Privat- und Kassenpatienten zusam­men­ge­schlossen haben. Im Streitjahr erzielte die Praxis Umsatzerlöse von rund 3,5 Millionen Euro, wovon nur ca. 900 € auf einen der sog. Seniorpartner entfielen, der hauptsächlich für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig war. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Einkünfte der Gemein­schaft­s­praxis nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien, weil bei einer freiberuflichen Personen- oder Partner­schafts­ge­sell­schaft jeder Gesellschafter die Merkmale selbständiger Arbeit in eigener Person erfüllen müsse.

Jeder Arzt muss Merkmale des freien Berufes erfüllen

Nach erfolglosem Einspruchs­ver­fahren hat das Finanzgericht die Klage der Ärzte abgewiesen. Bei einer Gemein­schaft­s­praxis – so das Gericht – müsse jeder der Gesellschafter (= Arzt) in eigener Person die Hauptmerkmale des freien Berufes erfüllen, d.h. nicht nur über die persönliche Berufs­qua­li­fi­kation verfügen, sondern die freiberufliche Tätigkeit tatsächlich auch entfalten. Dabei müsse die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt sein. Diese Tätigkeit könne nicht – auch nicht durch eine besonders intensive - leitende Tätigkeit ersetzt werden, wie z.B. Organisation des Sach- und Perso­nal­be­reichs, Arbeitsplanung, Arbeits­ver­teilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stich­pro­benweise Überprüfung der Ergebnisse. Ein Arzt schulde eine höchst­per­sönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten und müsse deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen. Grundsätzlich sei zwar eine gewisse Arbeitsteilung bzw. „Teamarbeit“ unschädlich. So könne der Arzt z.B. in sog. „Routinefällen“ die jeweils anstehenden Vorun­ter­su­chungen bei den Patienten durchführen, die Behand­lungs­methode festlegen und sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehalten bzw. die Erbringung der eigentlichen ärztlichen Behand­lungs­leistung an angestellte Ärzte delegieren.

"Infek­ti­o­ns­re­gelung" bei (ausschließlich) gewerblicher Tätigkeit eines Arztes

Erforderlich sei aber, dass sich jeder Gesellschafter (= Arzt) kraft seiner persönlichen Berufs­qua­li­fi­kation an der „Teamarbeit“ im arzttypischen Heilbereich beteilige. Übernehme er (nahezu) nur kaufmännische Leitungs- oder sonstige Manage­men­t­aufgaben, sei er nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig. Dies führe dazu, dass die gesamte Tätigkeit der Gemein­schaft­s­praxis als gewerblich anzusehen sei. Denn wenn Gesellschafter einer Perso­nen­ge­sell­schaft teilweise freiberuflich und teilweise gewerblich tätig seien, so sei ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren. Die Tätigkeit des gewerblich tätigen Arztes „infiziere“ die Tätigkeit der freiberuflichen Ärzte.

Quelle: Finanzgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/cc)

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