18.10.2024
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Finanzgericht Münster Urteil05.05.2022

Unselbständige Stiftungen können kein umsatz­steuer­pflichtiger Leistungs­emp­fänger seinNicht­selb­ständige Stiftung stellt kein tauglicher Leistungs­emp­fänger im umsatz­steu­er­lichen Leistungs­aus­tausch­ver­hältnis dar

Unselbständige Stiftungen können im Hinblick auf von ihrem Träger an sie erbrachte Verwaltungs­leistungen nicht Leistungs­empfängerinnen im umsatz­steu­er­lichen Sinn sein. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein und u.a. Träger von knapp 20 unselbständigen (nicht­rechts­fähigen) Stiftungen, die er teils aus überwiegend eigenem Vermögen selbst geschaffen und teils durch Stiftungs­ge­schäft mit dritten Stiftern gegründet hat. Soweit die Stiftungen mit dritten Stiftern begründet wurden, erfolgte die Gründung in Form von Schenkungen unter Auflagen. Bei Auflösung der nicht­rechts­fähigen Stiftungen sollte das Vermögen nicht auf den jeweiligen Stifter (zurück) übertragen werden, sondern vom Kläger für gemeinnützige Zwecke verbraucht werden. Zivilrechtlich unterscheidet sich eine nicht­selb­ständige Stiftung dadurch von einer rechtsfähigen Stiftung, dass erstere keine juristische Person ist, sondern es sich um die Zuwendung von Vermögen durch einen Stifter an einen rechtsfähigen Stiftungsträger mit der Maßgabe, das übertragene Vermögen wirtschaftlich getrennt von seinem Eigenvermögen als Sondervermögen zu verwalten und dauerhaft zur Verfolgung von Zwecken zu nutzen, die der Stifter festgelegt hat, handelt. Der Stiftungsträger wird so zivilrechtlich Eigentümer des ihm zugewandten Vermögens. Die Errichtung beruht entweder, wie im Streitfall, auf einer Schenkung unter Auflagen oder auf einem Geschäfts­be­sor­gungs­vertrag.

Entnahme eines Kostenbeitrags für entstandenen Verwal­tungs­aufwand und eigene gemeinnützige Tätigkeit

Die selbst­ge­schaffenen unselbständigen Stiftungen des Streitfalles waren operativ im Rahmen ihrer gemeinnützigen Zwecke tätig. Das Personal war allerdings bei dem Kläger mit dem Zusatz des Einsatzes für die jeweilige unselbständige Stiftung angestellt. Der Lohnaufwand wurde vom Kläger der jeweils verursachenden nicht­rechts­fähigen Stiftung belastet. Der Kläger war außerdem aufgrund einer "Beitragsordnung" berechtigt, aus den jeweiligen Stiftungsvermögen einen jährlichen "Kostenbeitrag" für den entstandenen Verwal­tungs­aufwand und die eigene gemeinnützige Tätigkeit zu entnehmen. Das Finanzamt nahm sowohl hinsichtlich der Perso­na­l­über­lassung gegen Entgelt als auch hinsichtlich der Beiträge für die Verwaltung des Stiftungs­ver­mögens einen umsatz­steu­erbaren und umsatz­steu­er­pflichtigen Leistungs­aus­tausch zwischen dem Kläger und den unselbständigen Stiftungen an.

FG: Kein umsatz­steu­er­liches Leistungs­aus­tausch­ver­hältnis

Das FG hat der hiergegen erhobenen Klage in vollem Umfang stattgegeben. Sowohl im Hinblick auf den Perso­na­l­kos­te­n­ersatz als auch im Hinblick auf die Beiträge fehle es an einem umsatz­steu­er­lichen Leistungs­aus­tausch­ver­hältnis. Ein umsatz­steu­er­licher Leistungs­aus­tausch beruhe in der Regel auf einem zivil­recht­lichen Vertrag und setze grundsätzlich (mindestens) zwei Personen voraus. Eine nicht­selb­ständige Stiftung sei aber kein tauglicher Leistungs­emp­fänger im umsatz­steu­er­lichen Leistungs­aus­tausch­ver­hältnis. Sie sei zivilrechtlich nicht fähig Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein und könne daher nicht Partei eines zivil­recht­lichen Vertrages für einen Leistungs­aus­tausch sein. Zudem gehöre das Stiftungs­vermögen zum zivil­recht­lichen und auch vollstre­ckungs­recht­lichen Vermögen des Klägers als Stiftungsträger.

Stiftungsträger verwaltet Vermögen im eigenen Interesse

Hinsichtlich der Beiträge liege auch kein Leistungs­aus­tausch zwischen dem jeweiligen Stifter und dem Kläger als Stiftungsträger vor. Aufgrund der im Streitfall vorliegenden Gestaltung als Schenkung und Auflage sei das Stiftungs­vermögen bei Gründung endgültig in das Vermögen des Klägers als Stiftungsträger übergegangen, der dieses letztlich als eigenes Vermögen im eigenen Interesse und nicht "im entgeltlichen Auftrag" für den Schenker bzw. Stifter verwalte. Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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