21.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil22.06.2017

Ehegatte kann Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung durch Auftei­lungs­be­scheid grundsätzlich nicht zurücknehmenVorschriften über Aufteilung einer Gesamtschuld sehen keine Rücknahme eines Aufteilungs­bescheids vor

Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass ein Ehegatte seinen Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung durch sogenannten Auftei­lungs­be­scheid grundsätzlich nicht zurücknehmen kann.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus nicht­selb­ständiger Arbeit, der Ehemann auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Über das Vermögen des Ehemannes wurde im Verlaufe des Streitjahres das Insol­venz­ver­fahren eröffnet. Das Finanzamt erließ für das Streitjahr zunächst einen Einkom­men­steu­er­be­scheid mit einer erheblichen Steuerforderung, wobei es die Einkünfte des Ehemannes aus selbständiger Arbeit mangels Vorlage einer Gewin­n­er­mittlung geschätzt hatte. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt und die Aufteilung der Steuerschuld beantragt hatte, wurde die Gewin­n­er­mittlung des Ehemannes nachgereicht, was zur Abhilfe des Einspruchs durch Erlass eines entsprechend geänderten Einkom­men­steu­er­be­scheides führte. Wegen des noch offenen Auftei­lungs­an­trages der Klägerin erließ das Finanzamt gleichzeitig auf Basis dieses geänderten Bescheides auch noch einen Auftei­lungs­be­scheid zur Einkommensteuer. Dieses führte dazu, dass auf die Klägerin 100 Prozent der Steuer entfielen, weil sich die anzusetzenden Einkünfte des Ehemannes wegen der nachgereichten Gewin­n­er­mittlung stark reduziert hatten. Die Klägerin traf unter Anrechnung der auf sie entfallenden Steuer­ab­zugs­beträge eine hohe Nachforderung, während dem Ehemann ein Erstat­tungs­an­spruch zustand. Deshalb legte die Klägerin nun auch gegen den Auftei­lungs­be­scheid Einspruch ein und nahm gleichzeitig den früher gestellten Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld zurück. Mit Erlass des geänderten Einkom­men­steu­er­be­scheides, in dem die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Ehemannes reduziert worden seien, sei auch der Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld überholt. Dem folgte das Finanzamt nicht und hob den Auftei­lungs­be­scheid nicht auf.

FG verneint Möglichkeit zur Rücknahme des Auftei­lungs­antrags

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt zu Recht einen Auftei­lungs­be­scheid erlassen habe. Der Bescheid sei auch inhaltlich zutreffend, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Die Klägerin habe ihren Auftei­lungs­antrag nicht mehr zurücknehmen können, weil dies nach den Vorschriften über die Aufteilung einer Gesamtschuld (§§ 268 bis 280 Abgabenordnung) nicht vorgesehen sei. Zudem handele es sich bei dem Auftei­lungs­antrag um die Ausübung eines verwal­tungs­recht­lichen Gestal­tungs­rechts. Wegen der Rechtsnatur eines Gestal­tungs­rechts und aus Gründen der Rechts­si­cherheit könne der Antrag aber nicht widerrufen bzw. zurückgenommen werden. Die Möglichkeit einer Rücknahme des Antrages ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften über die Steuer­ver­an­lagung von Ehegatten. Ein Auftei­lungs­be­scheid könne allenfalls nach Maßgabe des § 280 Abs. 1 Abgabenordnung korrigiert werden. Vorliegend beruhe der Auftei­lungs­be­scheid aber weder auf unrichtigen Angaben, noch habe sich die rückständige Steuer nach Erteilung des Auftei­lungs­be­scheids geändert. Auch sei dem Finanzamt bei Erlass des Auftei­lungs­be­scheides keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 Abgabenordnung unterlaufen.

Hinter­grun­d­in­for­mation zum sogenannten Auftei­lungs­be­scheid:

Sind Personen (z.B. Ehegatten) Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen veranlagt worden sind, so kann nach § 268 Abgabenordnung (AO) jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuer jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 AO bei einer Aufteilung der Steuern ergibt. Der Antrag ist bei dem im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt schriftlich zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären (§ 269 Abs. 1 AO). Die rückständige Steuer ist gemäß § 270 Satz 1 AO nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei der Einzel­ver­an­lagung nach Maßgabe des § 26 a des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) und der §§ 271 bis 276 AO ergeben würden. Über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung ist nach Einleitung der Vollstreckung durch schriftlichen Bescheid (Auftei­lungs­be­scheid) gegenüber den Beteiligten einheitlich zu entscheiden (§ 279 Abs. 1 AO). Der Auftei­lungs­be­scheid hat die Höhe der auf jeden Gesamtschuldner entfallenden anteiligen Steuer zu enthalten; ihm ist eine Belehrung beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und bei welcher Behörde er einzulegen ist (§ 279 Abs. 2 Satz 1 AO).

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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