21.11.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil24.03.2015

Für Erb­schaft­steuer­befreiung bei Wohneigentum muss Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt werdenUnentgeltliche Überlassung des Eigentumanteils zu Wohnzwecken an die Mutter stellt keine Selbstnutzung dar

Ein Alleinerbe erhält keine Erb­schaft­steuer­befreiung bezüglich eines Wohnungs-Mitei­gen­tums­anteils, wenn er die Wohnung nach dem Erbfall nicht selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt, sondern den vom Vater geerbten Wohnungs-Mitei­gen­tums­anteil unentgeltlich an die dort weiterhin wohnende Mutter überlässt. Dies entschied das Hessische Finanzgericht.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Geklagt hatte eine Frau, die Alleinerbin ihres im Jahre 2010 verstorbenen Vaters geworden war, nachdem ihre Mutter als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen hatte. In ihrer Erbschaft­steu­e­r­er­klärung machte die Klägerin für den im Nachlass­vermögen befindlichen hälftigen Mitei­gen­tums­anteil an dem elterlichen Wohnungs­ei­gentum eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaft­steu­er­gesetz (ErbStG) geltend. Denn nach dem Tod des Erblassers (Vater) handele es sich weiterhin um ein Famili­en­wohnheim, da das vor dem Erbfall von beiden Eltern genutzte Objekt nunmehr von der Mutter allein genutzt werde. Die unentgeltliche Überlassung des zum Nachlass des Vaters gehörenden Mitei­gen­tums­anteils durch die Klägerin an ihre Mutter stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, was zur Erbschaft­steu­er­be­freiung führe.

Finanzamt setzt Erbschaftsteuer fest

Dagegen verneinte das Finanzamt im Streitfall eine Selbstnutzung der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der erbschaft­steu­er­lichen Befrei­ungs­vor­schrift und setzte deshalb - unter Hinzurechnung des übrigen Nachlass­ver­mögens - Erbschaftsteuer in Höhe von ca. 50.000 Euro fest.

Gelegentliche Nutzung von zwei Wohnräumen kann nicht als Selbstnutzung der Wohnung angesehen werden

Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Nach dem Gesetzestext und nach der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung erfordere die Steuerbefreiung stets, dass die Wohnung als sogenanntes Familienheim beim Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sei und dass sich in dieser Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben befinde. Hierfür sei es nicht ausreichend, dass die Klägerin nach dem Erbfall nur gelegentlich zwei Räume genutzt und die Wohnung im Übrigen unentgeltlich ihrer Mutter überlassen habe. Denn auch die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken an die Mutter als Angehörige stelle keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken der Klägerin dar.

Für Erbschaft­steu­er­be­freiung muss Wohnungsobjekt Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben bilden

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie nur den hälftigen Mitei­gen­tums­anteil geerbt habe, der sie nicht zur alleinigen und unein­ge­schränkten Nutzung der Wohnung berechtige. Auch sei es nicht entscheidend, dass sie täglich in die Wohnung gekommen und gelegentlich dort in einem Zimmer übernachtet habe, um ihre Mutter, die das 80. Lebensjahr weit überschritten habe, zu betreuen und zu versorgen. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Klägerin ein weiteres Zimmer der Wohnung genutzt habe, um dort Nachlass­un­terlagen zu lagern und um von dort den Nachlass zu verwalten. Denn die Steuer­be­frei­ungs­vor­schrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei einschränkend auszulegen und setze auch beim Erwerb eines Mitei­gen­tums­anteils voraus, dass das Wohnungsobjekt den Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben bilde.

Hinter­grun­d­in­for­mation:

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG bleibt u. a. der erbschaft­steu­er­rechtliche Erwerb des Miteigentums an einem bebauten Grundstück durch Kinder des Erblasser von der Erbschaftsteuer befreit, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung nach dieser Vorschrift ist, dass die Wohnung zum einen beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und zum anderen deren Fläche die Größe von 200 Quadratmetern nicht übersteigt. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohn-zwecken gehindert (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG).

Quelle: Hessischer Finanzgerichtshof/ra-online

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