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- Bank muss Anleger ungefragt über bestehende Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklärenBundesgerichtshof, Urteil29.04.2014, XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13
- Keine Ausnahme für Anleger mit Auszahlungsplänen bei der Schließung offener ImmobilienfondsVerwaltungsgericht Frankfurt am Main, Beschluss23.12.2008, 1 L 4252/08.F(V)
Hessisches Finanzgericht Urteil17.02.2016
Anteile an offenem Immobilienfonds sind bei Erbschaftsteuerfestsetzung nicht automatisch mit dem Rücknahmepreis anzusetzenBewertung der Anteile mit niedrigerem Kurswert unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass Anteile an einem offenen Immobilienfonds (Anteilscheine) im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung unter bestimmten Voraussetzungen mit dem niedrigeren Kurswert und nicht mit dem höheren Rücknahmepreis zu bewerten sind.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls war Alleinerbin ihrer im Januar 2012 verstorbenen Freundin. Bestandteil des Nachlasses waren unter anderem Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds. Das Fondmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt und den Anlegern später mitgeteilt, dass die fehlende Liquidität des Fonds die Kündigung nach § 38 Abs. 1 Investmentgesetz und dessen Auflösung zur Folge habe. Bei der Erbschaftsteuerfestsetzung wehrte sich die Klägerin dagegen, dass das Finanzamt die Anteilscheine mit dem Rücknahmewert angesetzt hatte. Dieser sei - so die Klägerin - infolge der Aussetzung der Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr zu realisieren gewesen. Maßgeblicher Wertansatz müsse vielmehr der niedrigere Börsenwert als gemeiner Wert im Sinne des § 9 Abs. 1 Bewertungsgesetz sein.
Anteilscheine sind im vorliegenden Fall mit dem zum Bewertungsstichtag festgestellten niedrigen Börsenkurs zu bewerten
Die Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Anteilscheine entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 Bewertungsgesetz, sondern mit dem zum Bewertungsstichtag im Rahmen des Freiverkehrs festgestellten niedrigen Börsenkurs zu bewerten seien. Denn im Streitfall sei die Rücknahme der Anteilscheine zum Besteuerungszeitpunkt ausgesetzt gewesen. Die fehlende Möglichkeit, die Anteilscheine zum Rücknahmepreis zu liquidieren, stelle dabei einen den Preis beeinflussenden Umstand im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 Bewertungsgesetz dar. Zudem sei die Möglichkeit, die Anteile an der Börse zu veräußern, kein gleichwertiger Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückzugeben. Es sei demnach im Zuge der Gesetzesauslegung im Streitfall sachgerecht, bei der Erbschaftsteuerfestsetzung eine Bewertung der im Freiverkehr gehandelten Anteilscheine mit ihrem Kurs zum Besteuerungszeitpunkt nach § 11 Abs. 1 Bewertungsgesetz vorzunehmen. Somit sei der zum Besteuerungszeitpunkt unstreitige Börsenkurs der Anteilscheine anzusetzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.04.2016
Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online
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