18.10.2024
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Hessisches Finanzgericht Urteil17.02.2016

Anteile an offenem Immobilienfonds sind bei Erbschaft­steuer­festsetzung nicht automatisch mit dem Rücknahmepreis anzusetzenBewertung der Anteile mit niedrigerem Kurswert unter bestimmten Voraussetzungen zulässig

Das Hessische Finanzgericht hat entschieden, dass Anteile an einem offenen Immobilienfonds (Anteilscheine) im Rahmen der Erbschaft­steuer­festsetzung unter bestimmten Voraussetzungen mit dem niedrigeren Kurswert und nicht mit dem höheren Rücknahmepreis zu bewerten sind.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls war Alleinerbin ihrer im Januar 2012 verstorbenen Freundin. Bestandteil des Nachlasses waren unter anderem Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds. Das Fondmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt und den Anlegern später mitgeteilt, dass die fehlende Liquidität des Fonds die Kündigung nach § 38 Abs. 1 Invest­ment­gesetz und dessen Auflösung zur Folge habe. Bei der Erbschaft­steu­er­fest­setzung wehrte sich die Klägerin dagegen, dass das Finanzamt die Anteilscheine mit dem Rücknahmewert angesetzt hatte. Dieser sei - so die Klägerin - infolge der Aussetzung der Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr zu realisieren gewesen. Maßgeblicher Wertansatz müsse vielmehr der niedrigere Börsenwert als gemeiner Wert im Sinne des § 9 Abs. 1 Bewer­tungs­gesetz sein.

Anteilscheine sind im vorliegenden Fall mit dem zum Bewer­tungs­stichtag festgestellten niedrigen Börsenkurs zu bewerten

Die Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass die Anteilscheine entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 Bewer­tungs­gesetz, sondern mit dem zum Bewer­tungs­stichtag im Rahmen des Freiverkehrs festgestellten niedrigen Börsenkurs zu bewerten seien. Denn im Streitfall sei die Rücknahme der Anteilscheine zum Besteu­e­rungs­zeitpunkt ausgesetzt gewesen. Die fehlende Möglichkeit, die Anteilscheine zum Rücknahmepreis zu liquidieren, stelle dabei einen den Preis beeinflussenden Umstand im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 Bewer­tungs­gesetz dar. Zudem sei die Möglichkeit, die Anteile an der Börse zu veräußern, kein gleichwertiger Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapita­l­an­la­ge­ge­sell­schaft zurückzugeben. Es sei demnach im Zuge der Geset­zes­aus­legung im Streitfall sachgerecht, bei der Erbschaft­steu­er­fest­setzung eine Bewertung der im Freiverkehr gehandelten Anteilscheine mit ihrem Kurs zum Besteu­e­rungs­zeitpunkt nach § 11 Abs. 1 Bewer­tungs­gesetz vorzunehmen. Somit sei der zum Besteu­e­rungs­zeitpunkt unstreitige Börsenkurs der Anteilscheine anzusetzen.

Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online

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