21.11.2024
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil24.04.2013

Reparaturkosten infolge Falschbetankung neben der Entfernungs­pauschale als Werbungskosten abziehbarFinanzgericht stellt sich gegen bisherige FG-Rechtsprechung und gegen Ansicht der Finanz­ver­waltung

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht hat einer Klage zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kfz-Reparatur­aufwendungen stattgegeben. Die Kosten waren einem Berufspendler wegen eines durch eine Falschbetankung auf dem Weg zur Arbeitsstelle verursachten Motorschadens entstanden. Das Gericht hat sich dabei gegen die zu diesem Problemkreis bisher ergangene FG-Rechtsprechung und die Auffassung der Finanz­ver­waltung gestellt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatte auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle beim Tanken aus Unachtsamkeit statt "Diesel" "Benzin" in sein Fahrzeug eingefüllt. Als der Motor kurze Zeit nach Fortsetzung der Fahrt "unregelmäßig" lief, bemerkte er das Unglück. Der Kläger gelangte noch bis zu einer nahe gelegenen Werkstatt, die den Motorschaden reparierte.

Finanzamt lässt nur Kosten eines Unfalls zum Abzug als Werbungskosten zu

Die Versicherung lehnte eine Erstattung der Reparaturkosten (ca. 4.300 Euro) wegen der Sorgfalts­pflicht­ver­letzung des Klägers ab. Das Finanzamt meinte, neben der Entfernungspauschale (so genannte Pendler­pau­schale) seien nur Kosten eines Unfalls zum Werbungs­kos­te­nabzug zuzulassen. Die Falschbetankung sei aber kein Unfall.

Geset­zes­wortlaut sieht sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Entfer­nungs­pau­schale abgegolten

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht stand vor dem Rechtsproblem, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem Ansatz der verkehrs­mit­te­lu­n­ab­hängigen Entfer­nungs­pau­schale seit dem Jahr 2001 sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten sein sollten. Die seit Einführung der Entfer­nungs­pau­schale hierzu ergangene Rechtsprechung der Finanzgerichte und ein Teil der steuer­recht­lichen Literatur haben mit Blick auf diesen Wortlaut Ausnahmen stets abgelehnt. Die Finanz­ver­waltung hat gleichwohl im Grundsatz Unfallkosten neben der Entfer­nungs­pau­schale zum Werbungs­kos­te­nabzug zugelassen.

Nieder­säch­sisches FG stellt im Wege der Geset­zes­aus­legung Rechtslage von vor 2001 wieder her

Der 9. Senat des Nieder­säch­sischen Finanzgerichts hat dagegen die durch den Ansatz der Entfer­nungs­pau­schale erfolgte Abgel­tungs­wirkung auf die gewöhnlichen (laufenden) Kfz-Kosten, die einer Pauschalierung zugänglich sind, begrenzt und damit im Wege der Geset­zes­aus­legung die Rechtslage wieder­her­ge­stellt, die vor 2001 seit mehreren Jahrzehnten bestand. Danach waren neben der früheren Kilome­ter­pau­schale stets außer­ge­wöhnliche Wegekosten (z.B. Motorschaden, Diebstahl, Unfall) als Werbungskosten abzugsfähig.

Geset­zes­aus­legung verfas­sungs­rechtlich gerechtfertigt

Nach Überzeugung des Gerichts entspricht diese Auslegung dem in den Geset­zes­ma­te­rialien ausreichend klar zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzesgebers. Im Übrigen ist eine solche Auslegung - so die Finanzrichter - auch verfas­sungs­rechtlich geboten, da anderenfalls § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG einem Abzugsverbot für Werbungskosten gleichkomme. Für eine solche Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips fehle aber die erforderliche sachliche Rechtfertigung.

Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht/ra-online

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