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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil24.04.2013
Reparaturkosten infolge Falschbetankung neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbarFinanzgericht stellt sich gegen bisherige FG-Rechtsprechung und gegen Ansicht der Finanzverwaltung
Das Niedersächsische Finanzgericht hat einer Klage zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Kfz-Reparaturaufwendungen stattgegeben. Die Kosten waren einem Berufspendler wegen eines durch eine Falschbetankung auf dem Weg zur Arbeitsstelle verursachten Motorschadens entstanden. Das Gericht hat sich dabei gegen die zu diesem Problemkreis bisher ergangene FG-Rechtsprechung und die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatte auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle beim Tanken aus Unachtsamkeit statt "Diesel" "Benzin" in sein Fahrzeug eingefüllt. Als der Motor kurze Zeit nach Fortsetzung der Fahrt "unregelmäßig" lief, bemerkte er das Unglück. Der Kläger gelangte noch bis zu einer nahe gelegenen Werkstatt, die den Motorschaden reparierte.
Finanzamt lässt nur Kosten eines Unfalls zum Abzug als Werbungskosten zu
Die Versicherung lehnte eine Erstattung der Reparaturkosten (ca. 4.300 Euro) wegen der Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers ab. Das Finanzamt meinte, neben der Entfernungspauschale (so genannte Pendlerpauschale) seien nur Kosten eines Unfalls zum Werbungskostenabzug zuzulassen. Die Falschbetankung sei aber kein Unfall.
Gesetzeswortlaut sieht sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Entfernungspauschale abgegolten
Das Niedersächsische Finanzgericht stand vor dem Rechtsproblem, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem Ansatz der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale seit dem Jahr 2001 sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten sein sollten. Die seit Einführung der Entfernungspauschale hierzu ergangene Rechtsprechung der Finanzgerichte und ein Teil der steuerrechtlichen Literatur haben mit Blick auf diesen Wortlaut Ausnahmen stets abgelehnt. Die Finanzverwaltung hat gleichwohl im Grundsatz Unfallkosten neben der Entfernungspauschale zum Werbungskostenabzug zugelassen.
Niedersächsisches FG stellt im Wege der Gesetzesauslegung Rechtslage von vor 2001 wieder her
Der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat dagegen die durch den Ansatz der Entfernungspauschale erfolgte Abgeltungswirkung auf die gewöhnlichen (laufenden) Kfz-Kosten, die einer Pauschalierung zugänglich sind, begrenzt und damit im Wege der Gesetzesauslegung die Rechtslage wiederhergestellt, die vor 2001 seit mehreren Jahrzehnten bestand. Danach waren neben der früheren Kilometerpauschale stets außergewöhnliche Wegekosten (z.B. Motorschaden, Diebstahl, Unfall) als Werbungskosten abzugsfähig.
Gesetzesauslegung verfassungsrechtlich gerechtfertigt
Nach Überzeugung des Gerichts entspricht diese Auslegung dem in den Gesetzesmaterialien ausreichend klar zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzesgebers. Im Übrigen ist eine solche Auslegung - so die Finanzrichter - auch verfassungsrechtlich geboten, da anderenfalls § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG einem Abzugsverbot für Werbungskosten gleichkomme. Für eine solche Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips fehle aber die erforderliche sachliche Rechtfertigung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.05.2013
Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht/ra-online
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