15.11.2024
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Niedersächsisches Finanzgericht Urteil23.02.2006

Beiträge des Kindes zur privaten Kranken­ver­si­cherung können seine Bezüge mindernGleitende Minderung des Kindergeldes bei Überschreitung der Einkom­mens­grenze

Das Nieder­säch­sische Finanzgericht hat eine Entscheidung veröffentlicht, in der es um die Gewährung von Kindergeld für ein volljähriges Kind ging, das sich in einer Berufs­aus­bildung (Hochschul­studium) befand und nebenher einer Aushilf­s­tä­tigkeit nachging.

Die Familienkasse hatte die Zahlung von Kindergeld abgelehnt. Zur Begründung hatte sie ausgeführt, die Höhe der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes stünden einer Zahlung des Kindergeldes entgegen. Der maßgebliche Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 EStG) sei überschritten. Der 1. Senat des Nds. Finanzgericht hat der Klägerin demgegenüber das Kindergeld zugesprochen. Nach seiner Auffassung waren die Einkünfte des Kindes nicht nur um Beiträge zur gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung (Renten- u. Pflege­ver­si­cherung), sondern auch um Zahlungen an die private Kranken­ver­si­cherung zu kürzen. Damit lagen die Einkünfte und Bezüge des Kindes unter dem maßgebenden Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 EStG. Zum Abzug von Beiträgen zur gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung verweist das Gericht auf die neuere Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, wonach diese Beiträge dem Kind nicht zur Bestreitung seines Unterhalts zur Verfügung stünden und deshalb nicht in die Bemessungsgröße für den Einkom­mens­grenz­betrag einbezogen werden dürften.

Entsprechendes müsse auch für die Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung gelten, wenn diese - wie im Streitfall - einen der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung vergleichbaren Versi­che­rungs­schutz gewähre. Die Vorsorge für den Krankheitsfall führe zu Aufwendungen des Betroffenen, die seine Leistungs­fä­higkeit minderten. Sie seien deshalb unvermeidbar und nicht disponibel (so auch bereits der Bundesfinanzhof in seinem Vorla­ge­be­schluss an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Der 1. Senat des Finanzgerichts ist außerdem der Ansicht, dass bei einer geringfügigen Überschreitung der Einkom­mens­grenze des § 32 Abs. 4 EStG das Kindergeld nicht vollständig versagt werden dürfe. Diese - im Fachschrifttum mit dem Begriff "Fallbeilwirkung" titulierte - Rechtsfolge sei verfas­sungs­widrig; die Regelung sei deshalb verfas­sungs­konform durch eine Überg­angs­re­gelung zu ergänzen, die eine gleitende Minderung des Kindergeldes bewirke. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des NFG vom 15.08.2006

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