15.11.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 1688

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Bundesfinanzhof Beschluss14.12.2005

Beschränkung des Sonder­aus­ga­be­n­abzugs von Kranken­ver­si­che­rungs­bei­trägen ist verfas­sungs­widrig - Familien werden benachteiligtBundesfinanzhof ruft Bundes­ver­fas­sungs­gericht an

Der Bundesfinanzhof hält die betragsmäßige Beschränkung des Sonder­aus­ga­be­n­abzugs von Kranken­ver­si­che­rungs­bei­trägen für verfas­sungs­widrig, weil die gesetzlichen Höchstbeträge es dem Steuer­pflichtigen nicht ermöglichen, in angemessenem Umfang Kranken­ver­si­che­rungs­schutz zu erlangen.

Er hat daher mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 das Revisi­ons­ver­fahren ausgesetzt und diese Frage dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorgelegt.

Kläger sind ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt und seine Ehefrau, die Eltern von sechs Kindern sind. Sie machen geltend, dass sie für sich selbst und für ihre Kinder Beiträge zu privaten Kranken­ver­si­che­rungen aus dem versteuerten Einkommen zahlen müssten, da sie mit Prämien im betragsmäßigen Umfang des Sonderausgaben-Höchstbetrags einen existenz­si­chernden Versi­che­rungs­schutz nicht erlangen könnten.

Der Bundesfinanzhof ist dem Vorbringen der Kläger weitgehend gefolgt. Nach seiner Auffassung gebietet es das verfas­sungs­rechtliche subjektive Nettoprinzip, dass existenz­not­wendige Aufwendungen des Steuer­pflichtigen steuerlich verschont werden. Hierzu gehörten auch Beiträge zu Kranken­ver­si­che­rungen, soweit sie dazu dienten, Versi­che­rungs­schutz in dem von den gesetzlichen Kranken­ver­si­che­rungen gewährten Umfang zu erlangen. Diese Beiträge dienten der eigen­ver­ant­wort­lichen Vorsorge gegen ein stets gegenwärtiges Lebensrisiko; dieser Vorsorge könne sich - u.a. auch nach der Wertung des Sozia­l­ver­si­cherungs- und des Sozia­l­hil­fe­rechts - der Steuer­pflichtige nicht entziehen. Zwar sei es steuer­sys­te­matisch richtig, entsprechende Aufwendungen nicht in den steuerlichen Grundfreibetrag - das sog. steuerfreie Existenzminimum - einzubeziehen. Dem individuellen Vorsorgebedarf müsse der Gesetzgeber aber jedenfalls durch eine reali­täts­ge­rechte Bemessung des Sonder­aus­ga­be­n­abzugs Rechnung tragen.

Soweit Eltern in Erfüllung ihrer Unter­halts­pflicht für ihre Kinder Beiträge zu Kranken­ver­si­che­rungen aufbringen müssten, sei der Gesetzgeber zur Vermeidung einer verfas­sungs­widrigen Benachteiligung der Familie gehalten, diese Belastung angemessen steuerlich zu berücksichtigen. Das geltende Steuerrecht sehe eine entsprechende Entlastung der Eltern weder im Rahmen des Famili­en­leis­tungs­aus­gleichs noch beim Sonder­aus­ga­be­nabzug vor.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 05/06 des BFH vom 12.01.2006

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