23.11.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil23.02.2023

FG Hamburg zum Umzug während Corona-PandemieUmzugskosten als Werbungskosten anzuerkennen

Umzugskosten können nach ständiger Rechtsprechung beruflich veranlasst sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeits­be­din­gungen führt. Eine solche Erleichterung kann für das Streitjahr 2020 auch anzunehmen sein, wenn ein Umzug erfolgt, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit diese im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können. Dies hat das Finanzgericht Hamburg entschieden.

Die Kläger begehrten die Anerkennung von Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht­selb­ständiger Tätigkeit. Sie bewohnten im Streitjahr 2020 zunächst eine ca. 65 m2 große Wohnung ohne Arbeitszimmer und zogen im Juli 2020 in eine ca. 110 m2 große Wohnung, in der sie über zwei Arbeitszimmer mit je 10,57 m2 verfügten. In der Einkom­men­steu­e­r­er­klärung erklärten die Kläger u.a. Umzugskosten als Werbungskosten, deren Ansatz der Finanzamt ablehnte.

FG: Umzugskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Die Umzugskosten seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht­selb­ständiger Arbeit zu berücksichtigen. Zwar sei der Beklagtenseite zuzugeben, dass eine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs nicht eingetreten sei, da das Homeoffice der Kläger nicht als erste Tätig­keits­stätte einzuordnen sei. Der Senat war nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens jedoch davon überzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeits­be­din­gungen der Kläger geführt habe, da dieser erst eine ungestörte Ausübung der nicht­selb­ständigen Tätigkeit beider Eheleute ermöglicht habe. Vor Beginn der Corona-Pandemie hätten die Kläger ihre nicht­selb­ständige Tätigkeit jeweils in den Räumlichkeiten ihrer Arbeitgeber ausgeübt. Seit Beginn der Corona-Pandemie hätten die Kläger ihre Tätigkeit verlagert und diese nun zu Hause ausgeübt. Die Kläger hätten eine neue Wohnung mit genau zwei zusätzlichen Arbeitszimmern gesucht und ausgewählt. Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern sei angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Kläger erforderlich für die (ungestörte) Ausübung der jeweiligen Tätigkeit.

Erhöhung des Wohnkomforts nicht Anlass des Umzugs

Die Wohnung weiche im Übrigen nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass hier Anlass zur Annahme bestünde, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen. Im Übrigen ginge mit einer möglichen Erhöhung des Wohnkomforts durch Platzgewinn zugleich eine Verschlech­terung des Wohnkomforts einher, denn statt einer Terrasse mit Zugang zum Gemein­schafts­garten verfügten die Kläger nunmehr lediglich über einen Balkon mit einer für die im Streitjahr fünf Jahre alte Tochter schlechteren Nutzbarkeit. Auch der zeitliche Ablauf spreche für eine berufliche Veranlassung.

Frühere BFH-Rechtsprechung nicht übertragbar

Soweit der BFH 1992 entschieden habe, dass eine berufliche Veranlassung nicht anzunehmen sei, wenn sich durch den Wohnungswechsel die Fahrzeiten zwischen Wohnung und Beschäf­ti­gungs­stätte(n) um weniger als eine Stunde pro Arbeitstag verkürze und die neue Wohnung Platz für die Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers biete, sei dies nicht auf den hiesigen Fall zu übertragen. Anders als in dem im Jahr 1992 entschiedenen Fall (Streitjahr 1982) lägen im Streitjahr 2020 insgesamt andere Umstände vor, so dass ein vom BFH damals angenommenes "natürliches Bestreben nach Verbesserung der Wohnqualität" der beruflichen Veranlassung nicht entgegenstehe. Aufgrund der Gesamtumstände lasse sich mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, dass die Einrichtung der Arbeitszimmer Anlass des Umzugs gewesen sei. Während den BFH-Entscheidungen noch die Annahme eines grundsätzlich arbeit­s­täg­lichen Aufsuchens der Arbeitsstätte zugrunde liege, habe sich die Arbeit im Homeoffice (auch unabhängig von dem Vorliegen der strengen Voraussetzungen zur Anerkennung eines Arbeitszimmers) - ganz wesentlich durch die Corona-Pandemie - in den letzten Jahren (und auch schon im Streitjahr) stark ausgeweitet.

Quelle: Finanzgericht Hamburg, ra-online pm/ab)

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