23.11.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil11.07.2023

Gesetzeslücke bei der Schenkungsteuer ermöglicht steuerfreie Wertver­schie­bungenDisquotale Einlage in ungebundene Kapitalrücklage einer Kommandit­gesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt keinen schenkung­steuer­pflichtigen Vorgang dar

Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommandit­gesellschaft auf Aktien (KGaA) keine schenkung­steuer­pflichtigen Vorgang darstellt.

Der Kläger und sein Vater gründeten eine KGaA. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater des Klägers als alleinigem Komman­di­tak­tionär übernommen. Der Kläger leistete als persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine Vermö­gen­s­einlage in die KGaA. Nach der Satzung der KGaA sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermö­gen­s­einlage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Vorliegend betrug das Verhältnis 90 % zu 10 % zugunsten des Klägers. Kurz nach der Eintragung der KGaA erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (disquotale Einlage). Das Finanzamt sah darin einen schen­kung­s­teu­er­pflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schen­kung­s­teu­er­ge­setzes (ErbStG), erließ einen entsprechenden Schen­kung­s­teu­er­be­scheid gegenüber dem Kläger und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.

Schen­kung­s­teu­er­tat­bestand nicht erfüllt

Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich. Nach Ansicht des Gerichts ist der vom Finanzamt herangezogene Schen­kung­s­teu­er­tat­bestand nicht erfüllt. Nach ˜ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapital­ge­sell­schaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Diese Voraussetzungen halt das Gericht nicht für gegeben. Bei der KGaA handele es sich zwar um eine Kapital­ge­sell­schaft. Auch habe sich der Wert der Beteiligung des Klägers durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht. Jedoch sei die Beteiligung des Klägers, weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt sei, kein .Anteil an einer Kapital­ge­sell­schaft im Sinne des Gesetzes. Das ErbStG habe in § 13 a und § 13 b bereits vor Einführung von § 7 Abs. 8 ErbStG zwischen dem Anteil eines pHG an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapital­ge­sell­schaft andererseits unterschieden. Dieselbe Unterscheidung liege auch Vorschriften des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) und des steuer­recht­lichen Bewer­tungs­ge­setzes (BewG) zu Grunde.

Kläger haben Lücke im Gesetz genutzt

Das Gericht hält im Übrigen weder einen anderen Schen­kung­s­teu­er­tat­bestand für erfüllt - nicht § 7 Abs. 6 ErbStG (übermaßige Gewinn­be­tei­ligung bei einer Perso­nen­ge­sell­schaft) und nicht den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - noch sieht es einen Gestal­tungs­miss­brauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO). Dem Gericht ist dabei bewusst gewesen, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG die Besteu­e­rungs­lücken in Fällen disquotaler Einlagen habe schließen wollen. Im Gesetz sei aber eine - vom Kläger genutzte - Lücke verblieben. Sie zu schließen, liege außerhalb der Kompetenz der Finanz­ver­waltung und -gerichte, sondern sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden

Quelle: Finanzgericht Hamburg, ra-online (pm/ab)

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