18.10.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil16.11.2016

Allgemeine Aufzeich­nungs­pflichten auch für gewerbliche ProstitutionFinanzamt kann Schät­zungs­be­scheide erlassen

Bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns aus Eigen­pro­sti­tution durch Einnahme-Überschuss­rechnung kann nicht auf die Aufzeichnung der einzelnen Geschäfts­vorfälle verzichtet werden. Dies hat das Finanzgericht Hamburg entschieden.

Im vorliegenden Streitfall übt die Klägerin ihre Tätigkeit als Prostituierte in einem sog. Laufhaus aus. Nachdem die Steuerfahndung die Klägerin, die bis dahin keine Steue­r­er­klä­rungen abgegeben hatte, dort angetroffen hatte, erließ das Finanzamt gegenüber der Klägerin Schät­zungs­be­scheide zur Einkommen-, Umsatzsteuer und zum Gewer­be­mess­betrag.

Nur geringfügige Schät­zungs­re­du­zierung nach Einreichung von Unterlagen

Die Klägerin erhob Einspruch und reichte nun Einnah­me­über­schuss­rech­nungen und Steue­r­er­klä­rungen mit deutlich geringeren Umsätzen und Gewinnen ein. Als das Finanzamt gleichwohl an seiner Schät­zungs­be­fugnis festhielt und seine Schätzungen lediglich in geringem Umfang reduzierte, wandte sich die Klägerin an das Finanzgericht.

Aufzeichnungs- und Erklä­rungs­pflicht auch für gewerbliche Prostitution

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die für Gewerbebetriebe geltenden Aufzeichnungs- und Erklä­rungs­pflichten erstrecken sich auch auf die gewerbliche Prostitution. Das Argument, eine individuelle Quittierung der erbrachten Leistungen und deren Entlohnung seien wegen der branchen­spe­zi­fischen Besonderheiten dieses speziellen Gewerbes nicht praktikabel, ließ das Gericht nicht gelten.

Einze­lauf­zeich­nungs­pflicht­be­freiung: Bargeschäfte im Einzelhandel nicht auf gewerbliche Prostitution übertragbar

Die Befreiung von der Einze­lauf­zeich­nungs­pflicht, wie sie bei Bargeschäften im Einzelhandel anerkannt wird, sei nicht auf die gewerbliche Prostitution zu übertragen. Anders als im Einzelhandel sei bei der Prostitution der Kreis der Kunden begrenzt und individuell bestimmt. Ob im Rahmen der Aufzeichnungen auch die Identität der Kunden festgehalten werden müsse, konnte das Gericht deswegen offen lassen, weil er schon die Minde­st­an­for­de­rungen an die Aufzeichnung der einzelnen Leistungen und Bareinnahmen durch die Klägerin als nicht erfüllt angesehen hat. Das Finanzgericht macht in seinem Urteil grundsätzliche Anmerkungen zur Schätzung und erkennt, dass die vom Finanzamt zugrunde gelegten Daten - Anzahl der Arbeitstage (20), der anzunehmenden Anzahl der Freier pro Tag (5), der Einnahmen pro Freier (130 € in den Streitjahren 2007 und 2008 bzw. 160 € in den Folgejahren) und der Betrie­bs­ausgaben im Rahmen einer Zimmermiete in einem Laufhaus (120 € bzw. 140 € pro Tag) - eher moderat und daher nicht zu beanstanden sind.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ ra-online

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