18.10.2024
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Finanzgericht Hamburg Urteil31.07.2018

Ehe für Alle: Splittingtarif rückwirkend für alle Jahre seit 2001 möglichÄnderung bestands­kräftiger Bescheide infolge einer Geset­ze­s­än­derung bedarf keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung

Das Finanzgericht Hamburg hat der Klage eines gleich­geschlecht­lichen Ehepaares stattgegeben, das die Zusam­men­ver­an­lagung zur Einkommensteuer begehrte, und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2001.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens hatten nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Eingetragene Leben­s­part­ner­schaft (Leben­s­part­ner­schafts­gesetz) am 1. August 2001 im Jahr 2001 eine Leben­s­part­ner­schaft begründet, die sie nach Inkrafttreten des Eheöff­nungs­ge­setzes (EheöffnungsG) im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Tag der Begründung der Leben­s­part­ner­schaft nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich. Weil die Zusam­men­ver­an­lagung nach dem Splittingtarif in vielen Fällen zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten die Kläger, die für Eheleute vorgesehene Zusam­men­ver­an­lagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Leben­s­part­ner­schaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestands­kräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die - rückwirkende - Zusam­men­ver­an­lagung ab.

FG bejaht Möglichkeit der rückwirkenden Zusam­men­ver­an­lagung

Das Finanzgericht Hamburg ist dieser Auffassung nicht gefolgt und gab der Klage statt. Das EheöffnungsG bestimme in Art. 3 Abs. 2, dass nach der Umwandlung der Leben­s­part­ner­schaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Leben­s­part­ner­schaft maßgebend sei. Nach der Umwandlung seien die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Leben­s­part­ner­schaft geheiratet hätten. Das EheöffnungsG sei ein außer­steu­er­liches Gesetz und damit grundsätzlich geeignet, ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung darzustellen, das eine Änderung der bestands­kräftigen Einkom­men­steu­er­be­scheide ab 2001 rechtfertige. Diese Rückwirkung sei direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten. Die Bestandskraft sei kein derart tragendes Prinzip des Rechts, dass eine Änderung bestands­kräftiger Bescheide infolge einer Geset­ze­s­än­derung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedürfe.

Quelle: Finanzgericht Hamburg/ra-online

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