Mit Entscheidung vom 27. November 2002 verhängte die Kommission Geldbußen gegen die Unternehmen Gyproc, Lafarge, BPB und Knauf wegen ihrer Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die in Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ihren Ausdruck fand. Im Einzelnen ging es dabei um den Austausch von Informationen über die Verkaufsmengen, die Abstimmung von Preiserhöhungen und Zusammenkünfte zum Zweck der Aufteilung oder Stabilisierung der Märkte im Gipsplattensektor. Die Unternehmen beteiligten sich auf den vier größten Märkten der Europäischen Gemeinschaft – Deutschland, Vereinigtes Königreich, Frankreich und Benelux-Staaten – von 1992 bis 1998 (Gyproc nur von 1996 bis 1998) an wettbewerbswidrigen Handlungen.
Die Kommission vertrat die Auffassung, dass erhebliche Unterschiede zwischen den Unternehmen bestünden, und nahm gestützt auf die Umsatzzahlen für Gipsplatten auf den betroffenen Märkten im letzten relevanten Jahr sowie unter Berücksichtigung der Größe und Gesamtressourcen der Unternehmen, der Dauer der Zuwiderhandlung und erschwerender oder mildernder Umstände eine Differenzierung vor. Dementsprechend verhängte sie Geldbußen von 138,6 Mio. Euro gegen BPB, 85,8 Mio. Euro gegen Knauf, 249,6 Mio. Euro gegen Lafarge und 4,32 Mio. Euro gegen Gyproc.
Mit ihren Klagen beantragten die vier Unternehmen die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission bzw. die Herabsetzung der Geldbuße. Das Gericht bestätigt die Entscheidung der Kommission, soweit es um die Geldbußen von Knauf, Lafarge und Gyproc geht.
Zu BPB stellt das Gericht fest, dass die von der Kommission wegen der Zusammenarbeit des Unternehmens gewährte niedrigere Festsetzung der Geldbuße nicht ausreichte, da BPB zusätzliche Angaben gemacht hatte, die das Bestehen des Kartells bestätigten. BPB war nämlich das erste an den wettbewerbswidrigen Praktiken beteiligte Unternehmen, das – auf ein Auskunftsersuchen der Kommission hin, jedoch über dessen Rahmen hinaus – detaillierte Informationen zu bestimmten Treffen der vier Unternehmen lieferte. Diese Informationen trugen wesentlich zur Stützung der Argumentation der Kommission bei, dass ein Gesamtplan bestanden habe, und ließen daher eine erhebliche Erhöhung der Geldbußen wegen der Schwere der Zuwiderhandlung zu.
Diese Umstände erlauben es dem Gericht, BPB eine weitere Herabsetzung der Geldbuße um 10 % zu gewähren, die zu den bereits von der Kommission zugestandenen 30 % hinzukommt. Demgemäß wird die Geldbuße auf 118,8 Mio. Euro festgesetzt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 45/08 des EuGH vom 08.07.2008