24.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil12.07.2011

EuGH: Geldbußen gegen Mitsubishi und Toshiba wegen Beteiligung am Kartell für gasisolierte Schaltanlagen aufgehobenGerichtshof beanstandet Ungleich­be­handlung der Unternehmen bei der Berechnung der Geldbußen durch Kommission

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die gegen Mitsubishi und Toshiba wegen ihrer Beteiligung am Kartell für gasisolierte Schaltanlagen verhängten Geldbußen aufgehoben. Zudem ermäßigte das Gericht die Geldbuße von Fuji in Höhe von ursprünglich 2,40 Mio. Euro auf 2,20 Mio. Euro, während die gegen Hitachi verhängte Geldbuße in Höhe von 50,40 Mio. Euro aufrecht­er­halten bleibt.

Mit Entscheidung vom 24. Januar 2007 verhängte die Kommission gegen zwanzig europäische und japanische Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für gasisolierte Schaltanlagen (GIS) Geldbußen in Höhe von insgesamt 750,71 Mio. Euro. GIS sind der Haupt­be­standteil von Umspannwerken, die dazu dienen, elektrischen Strom mit hoher Spannung in solchen mit niedriger Spannung umzuwandeln und umgekehrt. Ihre Aufgabe ist es, den Transformator vor einer Überlast zu schützen und/oder den Stromkreis und einen defekten Transformator zu isolieren.

Sachverhalt

Die am Kartell beteiligten Unternehmen schlossen eine Vereinbarung über die weltweite Koordinierung ihrer Geschäft­s­tä­tigkeit und führten eine Kontin­gent­re­gelung zur Festlegung der Marktanteile ein, die jede Gruppe unter ihren Mitgliedern aufteilen konnte.

Kartell vom 15. April 1988 bis 11. Mai 2004 tätig

Die Kommission wirft den am Kartell Beteiligten ferner vor, eine nicht­schriftliche Übereinkunft getroffen zu haben, um den europäischen Markt den europäischen Unternehmen und den japanischen Markt den japanischen Unternehmen vorzubehalten. In ihrer Entscheidung stellte die Kommission fest, dass das Kartell vom 15. April 1988 bis 11. Mai 2004 tätig gewesen sei.

Unternehmen erheben Klagen auf Nichti­g­er­klärung der Entscheidung der Kommission

Die Unternehmen, gegen die Geldbußen verhängt wurden, haben beim Gericht Klagen auf Nichti­g­er­klärung der Entscheidung der Kommission und auf Ermäßigung ihrer jeweiligen Geldbuße erhoben. Unter den japanischen Unternehmen wurden die höchsten Geldbußen gegen Mitsubishi Electric (118,58 Mio. Euro) und Toshiba (90,90 Mio. Euro) verhängt.

Bestehen nicht­schrift­licher Übereinkunft wurde unmittelbar nachgewiesen

Mit seinen Urteilen stellt der Gerichtshof der Europäischen Union zunächst fest, dass die den japanischen Unternehmen im Rahmen der nicht­schrift­lichen Übereinkunft zur Last gelegte Verpflichtung, nicht in den europäischen Markt einzudringen, eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbe­wer­bs­regeln der Union darstellt. Insoweit weist das Gericht zum einen darauf hin, dass das Bestehen der nicht­schrift­lichen Übereinkunft durch die Erklärungen mehrerer am Kartell beteiligter Unternehmen sowie durch die Aussagen der Bediensteten eines dieser Unternehmen unmittelbar nachgewiesen wurde.

Europäische Unternehmen zogen sich teils freiwillig von einem Teil der GIS-Projekte auf bestimmten internationalen Märkten zurück

Zum anderen stellt das Gericht fest, dass es einen mit der Kontin­gent­re­gelung verknüpften Melde- und Anrech­nungs­me­cha­nismus gab, wie durch die von bestimmten Teilnehmern am Kartell und einem glaubwürdigen Zeugen abgegebenen Erklärungen bestätigt wird. Das Gericht führt aus, dass die japanischen Unternehmen dem europäischen Markt fernblieben und dass sich die europäischen Gesellschaften verpflichteten, ihnen die Ergebnisse der Zuteilung von GIS-Projekten in bestimmten europäischen Ländern zu melden und diese Projekte im Rahmen der Kontin­gent­re­gelung anzurechnen. Damit zogen sich die europäischen Unternehmen über ihre Verpflichtung hinaus, nicht in den japanischen Markt einzudringen, freiwillig von einem Teil der GIS-Projekte auf bestimmten internationalen Märkten zurück. Die europäischen Unternehmen sahen somit die japanischen Unternehmen als potenzielle Wettbewerber an, die in den europäischen Markt hätten eindringen können. Wenn sie dies nicht taten, so deshalb, weil sie sich dazu verpflichtet hatten.

EuGH: Japanisches Unternehmen war an nicht­schrift­licher Übereinkunft und somit am Kartell beteiligt

Das Gericht weist daher darauf hin, dass dieser Mechanismus eine Verbindung zwischen den Kartel­lak­ti­vitäten auf dem europäischen Markt und den japanischen Herstellern darstellt. Er ist deshalb ein mittelbarer Beweis für das Bestehen der nicht­schrift­lichen Übereinkunft. Unter diesen Umständen bestätigt das Gericht die Entscheidung der Kommission, wonach die japanischen Unternehmen an der nicht­schrift­lichen Übereinkunft und damit am Kartell beteiligt waren.

Kommission behandelt japanische und europäische Hersteller ungleich

Sodann prüft das Gericht die Methode, nach der die Kommission die Geldbußen gegen die japanischen Unternehmen festgesetzt hat. Da die Kommission für Mitsubishi Electric und Toshiba (2001) und für die europäischen Unternehmen (2003) nicht dasselbe Bezugsjahr herangezogen hat, stellt das Gericht fest, dass die Kommission die japanischen und die europäischen Hersteller nicht gleichbehandelt hat.

Kommission hätte zur Berechnung der Geldbußen Methoden heranziehen müssen, die nicht zur Ungleich­be­handlung Einzelner führen

Nach den Feststellungen des Gerichts wollte die Kommission mit diesem Vorgehen der Tatsache Rechnung tragen, dass Mitsubishi Electric und Toshiba während des Großteils des Zuwider­hand­lungs­zeitraums als individuelle Unternehmen und nicht über ihr Gemein­schafts­un­ter­nehmen TM T & D Corp. am Kartell beteiligt waren. Die Kommission hat daher für die Zwecke der Berechnung der gegen diese Unternehmen verhängten Geldbußen die im Jahr vor der Gründung von TM T & D erzielten Umsätze herangezogen. Das Gericht hält das von der Kommission verfolgte Ziel zwar für legitim, doch hätte sie zur Erreichung dieses Ziels andere Methoden anwenden können, ohne die japanischen und die europäischen Hersteller ungleich zu behandeln.

Geldbußen wegen Ungleich­be­handlung aufgehoben

Unter diesen Umständen entscheidet das Gericht, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Gleich­be­handlung verstoßen hat, und hebt die gegen die beiden betroffenen Unternehmen verhängten Geldbußen auf.

EuGH verhängt Gesamtgeldbuße von 2,20 Mio. Euro gegen Fuji Electric

Was den Fuji-Konzern anbelangt, weist das Gericht darauf hin, dass die Kommission für die vor dem 1. Oktober 2002 begangenen Zuwider­hand­lungen eine gesamt­s­chuld­nerisch von Fuji Electric Holdings (FEH), der Holding­ge­sell­schaft des Konzerns, und Fuji Electric Systems (FES), einer der Tochter­ge­sell­schaften der Holding, zu zahlende Geldbuße in Höhe von 2,40 Mio. Euro verhängt hat. In diesem Zusammenhang führt das Gericht aus, dass FEH und FES der Kommission für den Zeitraum vor dem 1. Oktober 2002 wesentliche Informationen über das Kartell verschafft haben, was die Kommission nach der Kronzeu­gen­re­gelung bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen hätte berücksichtigen müssen. Das Gericht verhängt daher eine einzige Geldbuße in Höhe von 2,20 Mio. Euro gegen Fuji Electric, die aus der Verschmelzung von FEH und FES am 1. April 2011 hervorgegangen ist.

Schließlich weist das Gericht die von Hitachi erhobene Klage insgesamt ab.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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