21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.08.2018

Veröf­fent­lichung eines frei zugänglichen Fotos auf weiterer Website bedarf der Zustimmung des UrhebersFotografie wird durch Verwendung neuem Publikum zugänglich gemacht

Die Einstellung einer Fotografie, die mit Zustimmung des Urhebers auf einer Website frei zugänglich ist, darf auf einer anderen Website nur mit einer erneuten Zustimmung des Urhebers erfolgen. Denn durch ein solches Einstellen wird die Fotografie einem neuen Publikum zugänglich gemacht. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Herr Dirk Renckhoff, ein Fotograf, hatte den Betreibern eines Reisemagazin-Portals erlaubt, auf ihrer Website eine seiner Fotografien zu veröffentlichen. Eine Schülerin einer im Land Nordrhein-Westfalen gelegenen Sekundarschule (Gesamtschule Waltrop) hatte die betreffende Fotografie von dieser Website (wo sie frei zugänglich war) heruntergeladen, um ein Schülerreferat zu illustrieren. Dieses Referat wurde anschließend auf der Website der Schule veröffentlicht.

Fotograf rügt Verletzung seiner Urheberrechte und verlangt Schadensersatz

Herr Renckhoff hatte das Land Nordrhein-Westfalen vor den deutschen Gerichten verklagt, um diesem die Verviel­fäl­tigung der Fotografie zu verbieten. Außerdem verlangt er 400 Euro Schadensersatz. Herr Renckhoff machte geltend, nur den Betreibern des Reisemagazin-Portals ein Nutzungsrecht eingeräumt zu haben, und vertrat die Ansicht, dass die Einstellung der Fotografie auf der Website der Schule sein Urheberrecht verletze.

BGH erbittet Auslegung der Urheber­rechts­richtlinie durch EuGH

In diesem Kontext ersucht der Bundes­ge­richtshof den Gerichtshof um Auslegung der Urheber­rechts­richt­linie*, der zufolge der Urheber eines Werkes grundsätzlich das ausschließliche Recht hat, die öffentliche Wiedergabe dieses Werks zu erlauben oder zu verbieten (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie).

Der Bundes­ge­richtshof möchte wissen, ob der Begriff "öffentliche Wiedergabe" die Einstellung einer Fotografie auf eine Website erfasst, wenn die Fotografie zuvor ohne eine Beschränkung, die ihr Herunterladen verhindert, und mit Zustimmung des Urheber­rechts­in­habers auf einer anderen Website veröffentlicht worden ist.

Auch Fotografie kann urheber­rechtlich geschützt sein

Mit seinem Urteil bejaht der Gerichtshof diese Frage. Der Gerichtshof erinnert zunächst daran, dass eine Fotografie urheber­rechtlich geschützt sein kann, sofern sie (was das nationale Gericht zu prüfen hat) die eigene geistige Schöpfung des Urhebers darstellt, in der dessen Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in dessen bei ihrer Herstellung getroffenen freien kreativen Entscheidungen ausdrückt.

Richtlinie soll hohes Schutzniveau für Urheber erreichen

Sodann stellt der Gerichtshof fest, dass vorbehaltlich der in der Richtlinie erschöpfend aufgeführten Ausnahmen und Beschränkungen jede Nutzung eines Werks durch einen Dritten ohne eine vorherige Zustimmung des Urhebers die Rechte des Urhebers dieses Werks verletzt. Denn die Richtlinie soll ein hohes Schutzniveau für die Urheber erreichen, um diesen die Möglichkeit zu geben, für die Nutzung ihrer Werke u.a. bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung zu erhalten.

Veröf­fent­lichung des Fotos auf der Webseite der Schule ist als "Handlung der Wiedergabe" einzustufen

Im vorliegenden Fall ist es als "Zugäng­lich­machung" und folglich als "Handlung der Wiedergabe" einzustufen, wenn auf einer Website eine zuvor auf einer anderen Website veröffentlichte Fotografie eingestellt wird (vor diesem Einstellen war sie auf einen privaten Server kopiert worden). Denn durch ein solches Einstellen wird den Besuchern der Website, auf der die Einstellung erfolgt ist (vorliegend die Website der Schule), der Zugang zu der betreffenden Fotografie auf dieser Website ermöglicht.

Veröf­fent­lichung auf weiterer Webseite kann als Zugäng­lich­machung für ein neues Publikum einzustufen sein

Außerdem ist die Einstellung eines urheber­rechtlich geschützten Werks auf einer anderen Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe mit der Zustimmung des Urheber­rechts­in­habers erfolgt ist, unter Umständen wie denen des Ausgangs­ver­fahrens als Zugäng­lich­machung für ein neues Publikum einzustufen. Denn unter solchen Umständen besteht das Publikum, an das der Urheber­rechts­inhaber gedacht hatte, als er der Wiedergabe seines Werks auf der Website zugestimmt hatte, auf der es ursprünglich veröffentlicht wurde, nur aus den Nutzern dieser Website und nicht (1) aus den Nutzern der Website, auf der das Werk später ohne Zustimmung des Urheber­rechts­inhaber eingestellt worden ist, oder (2) sonstigen Internetnutzern.

Verwendung anklickbares Links stellt anderen Sachverhalt dar

Insoweit weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein solches Einstellen von der Zugäng­lich­machung eines geschützten Werkes über einen anklickbaren Link, der auf eine andere Website verweist, auf der das Werk ursprünglich wiedergegeben worden ist, zu unterscheiden ist (vgl. insoweit Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 2014). Denn im Gegensatz zu Hyperlinks, die zum guten Funktionieren des Internets beitragen, trägt die Einstellung eines Werks auf einer Website ohne die Zustimmung des Urheber­rechts­in­habers, nachdem es zuvor auf einer anderen Website mit dessen Zustimmung wiedergegeben worden war, nicht im gleichen Maße zu diesem Ziel bei.

Schließlich betont der Gerichtshof, dass es keine Rolle spielt, dass der Urheber­rechts­inhaber - wie im vorliegenden Fall - die Möglichkeiten der Internetnutzer zur Nutzung der Fotografie nicht eingeschränkt hat.

Erläuterungen

* Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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