14.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil13.12.2018

Rundfunkbeitrag ist mit Unionsrecht vereinbarErsetzung der Rundfunkgebühr durch Rundfunkbeitrag stellte keine erhebliche Änderung der Finanzierungs­regelung dar und führte zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass der deutsche Rundfunkbeitrag mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

In Deutschland wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk hauptsächlich durch den Rundfunkbeitrag finanziert, den u.a. jeder Erwachsene zahlen muss, der Inhaber einer Wohnung im Inland ist. Dieser Rundfunkbeitrag ersetzte vom 1. Januar 2013 an die alte Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfun­k­emp­fangs­geräts zu entrichten war. Was die Einziehung des Rundfunk­beitrags angeht, verfügen die öffentlich-rechtlichen Sender über vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse, die es ihnen erlauben, die Zwangs­voll­streckung von rückständigen Forderungen selbst zu betreiben.

SWR leitet aufgrund ausbleibender Zahlungen Zwangs­bei­treibung der Forderungen ein

In den Jahren 2015 und 2016 erstellte die Landes­rund­funk­anstalt Südwestrundfunk (SWR)* gegen Herrn Rittinger und andere Rundfunk­bei­trags­schuldner Vollstre­ckungstitel zur Beitreibung nicht gezahlter Beträge. Da die Zahlungen weiterhin ausblieben, leitete der SWR gestützt auf diese Titel die Zwangs­bei­treibung seiner Forderungen ein.

Landgericht Tübingen vermutet Verstoß gegen Unionsrecht

Herr Rittinger und die übrigen Schuldner legten vor den deutschen Gerichten gegen die sie betreffenden Vollstre­ckungs­maß­nahmen Rechtsmittel ein. Das in zweiter Instanz mit diesen Verfahren befasste Landgericht Tübingen war der Auffassung, der Rundfunkbeitrag und die hoheitlichen Vorrechte der öffentlich-rechtlichen Sender bei der Beitreibung verstießen gegen das Unionsrecht, insbesondere das Recht der staatlichen Beihilfen, und hat dem Gerichtshof mehrere Fragen vorgelegt.

Ersetzung der Rundfunkgebühr durch Rundfunkbeitrag stellt keine erhebliche Änderung der Finan­zie­rungs­re­gelung dar

Mit seinem Urteil stellte der Gerichtshof erstens fest, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr (die für den Besitz eines Rundfun­k­emp­fangs­geräts zu entrichten war) durch den Rundfunkbeitrag (der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte zu entrichten ist) keine erhebliche Änderung der Finan­zie­rungs­re­gelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland darstellt. Es war daher nicht erforderlich, die Kommission von dieser Änderung als Änderung einer bestehenden Beihilfe zu unterrichten (die Kommission hatte im Jahr 2007 befunden, dass die Rundfunkgebühr als bestehende Beihilfe einzustufen sei**).

Änderungen führten zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung

Der Gerichtshof verweist hierzu u.a. darauf, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag im Wesentlichen darauf abzielt, die Voraussetzungen für die Erhebung des Rundfunk­beitrags vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung in Bezug auf den Empfang der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender zu vereinfachen. Außerdem hat diese Änderung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung geführt, die die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten, um die Kosten zu decken, die mit der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags verbunden sind.

EU-Richtlinien untersagen nicht Zwangs­voll­streckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunk­bei­trägen

Der Gerichtshof stellt zweitens fest, dass es die Rechts­vor­schriften der Union über staatliche Beihilfen nicht verbieten, dass öffentlich-rechtlichen Sendern vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse eingeräumt werden, die es ihnen erlauben, die Zwangs­voll­streckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunk­bei­trägen selbst zu betreiben.

Vorrechte wurden bei Prüfung der Finan­zie­rungs­re­gelung durch Kommission ausreichend berücksichtigt

Der Gerichtshof führt insoweit aus, dass die fraglichen Vorrechte von der Kommission bei ihrer Prüfung der Finan­zie­rungs­re­gelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Jahr 2007 berücksichtigt wurden und seither unverändert geblieben sind. Außerdem sind derartige Vorrechte als ein dem öffentlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender inhärenter Aspekt anzusehen.

Die übrigen Fragen des Landgerichts Tübingen zur Vereinbarkeit der Finan­zie­rungs­re­gelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland mit dem Unionsrecht erachtet der Gerichtshof für unzulässig.

Erläuterungen
* Auf der Grundlage des Baden-Württem­ber­gischen Gesetzes zur Geltung des Rundfunk­bei­trags­staats­vertrags vom 18. Oktober 2011, zuletzt geändert durch Art. 4 des Neunzehnten Rundfun­k­än­de­rungs­staats­vertrags vom 3. Dezember 2015.

** Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 (K [2007] 1761endg. Staatliche Beihilfe E 3/2005 [ex CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/2003, CP 243/2004 und CP 195/2004] - Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten in Deutschland).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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