21.11.2024
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Dokument-Nr. 34235

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Urteil29.07.2024Gerichtshof der Europäischen UnionC-436/22
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil29.07.2024

Keine regionale Wolfsjagd bei insgesamt ungünstigem Erhal­tungs­zustandEuGH erklärt Wolfsjagd in spanischer Region für rechtswidrig

Der Wolf darf nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf regionaler Ebene nicht als jagdbare Art bezeichnet werden, wenn sein Erhal­tungs­zustand auf nationaler Ebene ungünstig ist.

Die Habita­trichtlinie wurde mit dem Ziel erlassen, ein wesentliches Ziel der Union von allgemeinem Interesse zu erreichen: die Erhaltung, den Schutz und die Verbesserung der Qualität der Umwelt, indem dazu beigetragen wird, die Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen zu sichern. In Spanien unterliegen die Populationen des Iberischen Wolfs gemäß der Richtlinie unter­schied­lichen Schutz­re­ge­lungen: Die Populationen südlich des Duero sind streng geschützt. Die Populationen nördlich des Duero sind als Tierart von gemein­schaft­lichem Interesse eingestuft, die Gegenstand von Verwal­tungs­maß­nahmen sein kann. Gemäß einem regionalen Gesetz wurde der Wolf als Art eingestuft, die in der Autonomen Gemeinschaft Kastilien und León (Spanien) nördlich des Duero gejagt werden darf. 2019 genehmigte die Regio­na­l­re­gierung einen Plan für die lokale Nutzung des Wolfes in den Jagdgebieten nördlich des Duero in den Jagdperioden 2019/2020, 2020/2021 und 2021/2022. Nach diesem Plan durften insgesamt 339 Wölfe gejagt werden. Die Vereinigung für die Erhaltung und die Erforschung des Iberischen Wolfes (ASCEL) erhob gegen diesen Plan Klage beim Obergericht von Kastilien und León. Das spanische Gericht hat Zweifel an der Vereinbarkeit des Regio­nal­ge­setzes mit der Richtlinie und befragt den Gerichtshof hierzu. Gemäß einem 2019 von Spanien an die Kommission übermittelten Bericht für den Zeitraum 2013-2018 befand sich der Wolf in den drei Regionen, in denen er im nationalen Staatsgebiet vorkam (mediterrane, atlantische und alpine Region), wobei die ersten beiden Kastilien und León einschließen, im Erhal­tungs­zustand „ungünstig – unzureichend“.

Regionalgesetz verstößt gegen EU-Recht

Der Gerichtshof antwortet, dass das Regionalgesetz gegen die Richtlinie verstößt. Der Wolf darf nämlich nicht als Art bezeichnet werden, die in einem Teil des Staatsgebiets eines Mitgliedstaats gejagt werden darf, wenn sein Erhal­tungs­zustand auf nationaler Ebene ungünstig ist. Die Tatsache, dass eine Tierart Gegenstand von Verwal­tungs­maß­nahmen sein kann, bedeutet nicht, dass ihr Erhal­tungs­zustand günstig ist. Ziel dieser Maßnahmen muss sein, die betreffende Art in einem günstigen Erhal­tungs­zustand zu erhalten oder diesen wieder­her­zu­stellen. Wenn diese Maßnahmen Vorschriften über die Jagd beinhalten, sind diese somit dazu bestimmt, die Jagd einzuschränken und nicht auszuweiten. Wenn es sich als erforderlich erweist, kann die Jagd daher sogar verboten werden.

Nicht allein regionaler Erhal­tungs­zustand entscheidend

Darüber hinaus muss eine Entscheidung, mit der die Jagd einer Art erlaubt wird, begründet und auf Daten über die Überwachung des Erhal­tungs­zu­stands dieser Art gestützt werden. Ferner muss auf diese Überwachung besonderes Augenmerk gelegt werden, wenn diese Art allgemein als Art von gemein­schaft­lichem Interesse angesehen wird. Die Autonome Gemeinschaft Kastilien und Léon hat bei der Ausarbeitung des streitigen Plans den Bericht aus dem Jahr 2019 jedoch nicht berücksichtigt, demzufolge sich der Wolf in Spanien in einem ungünstigen Erhal­tungs­zustand befand. Jedenfalls ist die Bewertung des Erhal­tungs­zu­stands einer Art und der Frage, ob es angezeigt ist, Verwal­tungs­maß­nahmen zu erlassen, unter Berück­sich­tigung des von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie alle sechs Jahre erstellten Berichts sowie der neuesten wissen­schaft­lichen Daten, die dank der von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Überwachung erlangt wurden, durchzuführen. Diese Bewertungen müssen nicht auf lokaler Ebene, sondern auch auf Ebene der biogeo­gra­fischen Region oder sogar grenz­über­schreitend durchgeführt werden. Wenn sich eine Tierart in einem ungünstigen Erhal­tungs­zustand befindet, müssen die zuständigen Behörden Maßnahmen ergreifen, um den Erhal­tungs­zustand der Art so weit zu verbessern, dass deren Populationen in Zukunft dauerhaft einen günstigen Erhal­tungs­zustand erreichen. In diesem Rahmen können Schutzmaßnahmen wie die Beschränkung oder das Verbot der Jagd notwendig sein, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich der Risiken bleibt, die für die Erhaltung dieser Art in einem günstigen Erhal­tungs­zustand bestehen (Vorsorgeprinzip).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (pm/ab)

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