Geklagt hatten Pauschalurlaubsreisende aus Deutschland, die Mitte März 2020 ihre im Dezember 2019 gebuchte zweiwöchige Pauschalreise nach Gran Canaria in Spanien antraten. Das Amtsgericht München wies deren Klage ab, das Landgericht München legte die Klage dem Europäischen Gerichtshof vor. Nach nur zwei Tagen Urlaub hatten die spanischen Behörden am 15. März 2020 eine umfassende Ausgangssperre angeordnet, sowie alle Strände, Pools und Einrichtungen aller Ferienanlagen auf Gran Canaria gesperrt. Die Reisenden mussten auf ihren Zimmern verbleiben und durften die Hotelzimmer nur zum Essen verlassen. Drei weitere Tage später wurden die Reisenden nach Deutschland zurück gebracht.
Das höchste europäische Gericht hat nun entschieden, dass die Nichterbringung der Reiseleistung durch den Reiseveranstalter einen Reisemangel darstellt, der zu einer Minderung des Reisepreises berechtigt. Der für die Reise zu viel bezahlte Preis ist damit zurück zu erstatten. Der europäische Gerichtshof leitet dies aus der Richtlinie 2015/2302 her, in der es heißt, dass Reisende ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr von einem Pauschalreisevertrag zurücktreten können, wenn die Reise durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtig wird. Beispielhaft werden unter anderem Kriegshandlungen, sowie der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel oder Naturkatastrophen genannt.
Im konkreten Fall stellten die behördlichen Einschränkungen einen Reisemangel dar, weil die Leistungen der Pauschalreise nicht erbracht werden konnten. Daraus ergebe sich eine Vertragswidrigkeit. In diesem Fall ist der Reiseveranstalter zur Abhilfe verpflichtet und zwar unabhängig davon, ob er für den Ausfall der Reiseleistung verantwortlich ist. Kann oder will er nicht abhelfen, so ist er zur Preisminderung und Schadensersatz verpflichtet.
Die Luxemburger Richter urteilten zudem, dass ein Reisemangel nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil ein allgemeines Lebensrisiko vorliege. Die Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen stellten nämlich kein solches allgemeines Lebensrisiko dar, anders als etwa das Opfer einer Straftat am Urlaubsort zu werden, was wiederum der Risikosphäre des Reisenden selbst zuzurechnen ist. Dies ergebe sich auch nicht daraus, dass solche Maßnahmen europaweit getroffen wurden und damit übliche Umstände vorgelegen hätten, die als allgemeines Lebensrisiko anzusehen seien.
Der Ball liegt nun wieder beim Landgericht München, das auf Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs entscheiden muss.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.01.2023
Quelle: Europäischer Gerichtshof, ra-online (vt/mo)