15.11.2024
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Dokument-Nr. 5534

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Urteil29.01.2008Gerichtshof der Europäischen UnionC-275/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2008, 241Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2008, Seite: 241
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil29.01.2008

EuGH bekräftigt Datenschutz für Musikpiraten im InternetGericht entscheidet über Schutz der Rechte des Geistigen Eigentums in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft

Der Datenschutz gilt auch für Musikpiraten im Internet. Dies geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hervor. Er hat entschieden, dass nach dem Gemein­schaftsrecht die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, im Hinblick auf den effektiven Schutz des Urheberrechts die Pflicht zur Mitteilung perso­nen­be­zogener Daten im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens vorzusehen.

Mehrere Richtlinien der Gemeinschaft zielen darauf ab, dass die Mitgliedstaaten namentlich in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft den effektiven Schutz des geistigen Eigentums und insbesondere des Urheberrechts sicherstellen. Jedoch darf durch einen solchen Schutz nicht der Schutz perso­nen­be­zogener Daten beeinträchtigt werden. Außerdem können die Mitgliedstaaten gemäß den Richtlinien über den Schutz persönlicher Daten Ausnahmen von der Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit von Verkehrsdaten vorsehen.

Sachverhalt

Promusicae ist eine spanische Vereinigung ohne Gewinn­er­zie­lungs­absicht, der Produzenten und Herausgeber von Musikaufnahmen und audiovisuellen Aufnahmen angehören. Sie rief die spanischen Gerichte an und beantragte, Telefónica die Offenlegung von Name und Anschrift bestimmter Personen aufzugeben, denen Telefónica einen Internetzugang gewährt und von denen Promusicae die sogenannte „IP-Adresse“ sowie der Tag und die Zeit der Verbindung bekannt sind. Nach Ansicht von Promusicae verwenden diese Personen das Programm KaZaA zum Austausch von Dateien („peer to peer“ oder „P2P“) und lassen den Zugriff auf Musikdateien zu, die sich im gemeinsam genutzten Ordner (Shared Folder) ihres Computers befinden und für die die Urheber- und Lizenzrechte bei den Mitgliedern von Promusicae liegen. Sie verlangte daher die Weitergabe der genannten Informationen, um zivilrechtliche Klagen gegen die Betroffenen erheben zu können.

Telefónica machte geltend, dass die Weitergabe der von Promusicae verlangten Daten nach spanischem Recht nur im Rahmen einer straf­recht­lichen Untersuchung oder zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zur nationalen Verteidigung erlaubt sei.

Anfrage des spanischen Gerichts

Das spanische Gericht fragt den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, ob das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten gebietet, im Hinblick auf den effektiven Schutz des Urheberrechts die Pflicht zur Mitteilung perso­nen­be­zogener Daten im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens vorzusehen.

Keine Pflicht zur Mitteilung perso­nen­be­zogener Daten im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens

Der Gerichtshof führt aus, dass die nach den Richtlinien über den Schutz der persönlichen Daten zulässigen Ausnahmen auch die Maßnahmen umfassen, die für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen notwendig sind. Da die Daten­schutz­richtlinie für elektronische Kommunikation die von dieser Ausnahme erfassten Rechte und Freiheiten nicht benennt, ist sie dahin auszulegen, dass sie den Willen des Gemein­schafts­ge­setz­gebers zum Ausdruck bringt, weder das Eigentumsrecht noch Situationen von ihrem Anwen­dungs­bereich auszuschließen, in denen sich die Urheber im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens um diesen Schutz bemühen. Sie schließt also nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten aus, eine Pflicht zur Weitergabe perso­nen­be­zogener Daten im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens vorzusehen. Aber die Mitgliedstaaten sind auch nicht gezwungen, eine solche Pflicht vorzusehen.

In Bezug auf die Richtlinien im Bereich des geistigen Eigentums stellt der Gerichtshof fest, dass auch sie den Mitgliedstaaten nicht gebieten, im Hinblick auf den effektiven Schutz des Urheberrechts die Pflicht zur Mitteilung perso­nen­be­zogener Daten im Rahmen eines zivil­recht­lichen Verfahrens vorzusehen.

Allerdings weist der Gerichtshof darauf hin, dass das vorliegende Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen die Frage aufwirft, wie die Erfordernisse des Schutzes verschiedener Grundrechte, nämlich zum einen des Rechts auf Achtung des Privatlebens und zum anderen des Eigentumsrechts und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf, miteinander in Einklang gebracht werden können.

Mitgliedstaaten müssen bei der Umsetzung der Richtlinien im Bereich des geistigen Eigentums und des Schutzes perso­nen­be­zogener Daten Gleichgewicht mit Grundrechen herstellen

Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass die Mitgliedstaaten sich bei der Umsetzung der Richtlinien im Bereich des geistigen Eigentums und des Schutzes perso­nen­be­zogener Daten auf eine Auslegung derselben stützen müssen, die es ihnen erlaubt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Gemein­schafts­rechts­ordnung geschützten Grundrechten sicherzustellen. Bei der Durchführung der Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinien haben die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht im Einklang mit diesen Richtlinien auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung dieser Richtlinien stützen, die mit diesen Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Gemein­schafts­rechts, wie etwa dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit, kollidiert.

Quelle: ra-online, EuGH (pm)

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