18.10.2024
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Dokument-Nr. 9396

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Urteil23.03.2010Gerichtshof der Europäischen UnionC-236/08 bis C-238/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2010, 988Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2010, Seite: 988
  • EuZW 2010, 419Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW), Jahrgang: 2010, Seite: 419
  • GRUR 2010, 445Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2010, Seite: 445
  • K&R 2010, 320Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2010, Seite: 320
  • MMR 2010, 315Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2010, Seite: 315
  • NJW 2010, 2029Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 2029
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ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil23.03.2010

EuGH: Keine Markenrechts­verletzung durch Google mit „AdWords“Für Internetnutzer muss eindeutig erkennbar sein von welchem Unternehmen die beworbenen Waren stammen

Google hat dadurch, dass es Werbenden die Möglichkeit bietet, Schlüsselwörter zu kaufen, die Marken von Mitbewerbern entsprechen, nicht das Markenrecht verletzt. Die Werbenden ihrerseits dürfen anhand solcher Schlüsselwörter von Google nicht Anzeigen einblenden lassen, aus denen die Internetnutzer nicht leicht erkennen können, von welchem Unternehmen die beworbenen Waren oder Dienst­leis­tungen stammen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Nach dem Gemein­schafts­ma­r­kenrecht ist ein Markeninhaber unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, Dritten zu verbieten, ein mit seiner Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienst­leis­tungen zu benutzen, die denjenigen entsprechen, für die die Marke eingetragen ist.

Suchei­gen­schaften von Google

Google betreibt eine Internet-Suchmaschine. Führt ein Internetnutzer eine Suche anhand eines oder mehrerer Wörter durch, zeigt die Suchmaschine die Internetseiten, die den verwendeten Suchworten am ehesten zu entsprechen scheinen, nach abnehmender Relevanz an. Dies sind die so genannten „natürlichen“ Suchergebnisse.

Werbe­mög­lichkeit über Google „AdWords“

Daneben bietet Google gegen Entgelt einen „AdWords“ genannten Referen­zie­rungs­dienst an. Dieser ermöglicht es einem Wirtschafts­teil­nehmer mittels Auswahl eines oder mehrerer Schlüsselwörter, für den Fall der Übereinstimmung zwischen diesen und den Wörtern, die in der von einem Internetnutzer an die Suchmaschine gerichteten Suchanfrage enthalten sind, einen Werbelink zu seiner Internetseite, dem eine Werbebotschaft beigefügt ist, erscheinen zu lassen. Dieser Werbelink erscheint in der Rubrik „liens commerciaux“ („Gewerbliche Links“, deutsche Google-Fassung: „Anzeigen“), die am rechten Bildschirmrand, rechts von den natürlichen Ergebnissen, oder im oberen Teil des Bildschirms oberhalb dieser Ergebnisse angezeigt wird.

Vuitton verklagt Google wegen veröf­fent­lichter Werbung für Vuitton-Nachahmungen

Vuitton, Inhaberin der Gemein­schaftsmarke „Vuitton“ und der französischen nationalen Marken „Louis Vuitton“ und „LV“, Viaticum, Inhaberin der französischen Marken „Bourse des Vols“ (Flugbörse), „Bourse des Voyages“ (Reisebörse) und „BDV“, sowie Herr Thonet, Inhaber der französischen Marke „Eurochallenges“, stellten fest, dass die Suchmaschine von Google bei der Eingabe von Wörtern, aus denen diese Marken bestehen, in der Rubrik „Anzeigen“ Links zu Websites gezeigt habe, auf denen Nachahmungen von Waren von Vuitton dargeboten worden seien, bzw. zu Websites von Mitbewerbern von Viaticum und des Centre national de recherche en relations humaines. Sie verklagten Google daher, um feststellen zu lassen, dass dieses Unternehmen ihre Marken verletzt habe.

Cour de cassation wendet sich wegen Verwendung der Schlüs­sel­wort­vergabe bei Google an EuGH

Die Cour de cassation, die in von Markeninhabern gegen Google anhängig gemachten Verfahren in letzter Instanz entscheidet, befragt den Gerichtshof dazu, ob es rechtmäßig ist, wenn im Rahmen eines Inter­ne­tre­fe­ren­zie­rungs­dienstes als Schlüsselwörter Zeichen verwendet werden, die Marken entsprechen, deren Inhaber dieser Verwendung nicht zugestimmt haben.

Zur Verwendung von Schlüs­sel­wörtern, die Marken eines anderen entsprechen, im Rahmen eines Inter­ne­tre­fe­ren­zie­rungs­dienstes

Der Gerichtshof führt aus, dass der Werbende dadurch, dass er die Referen­zie­rungs­dienst­leistung kauft und als Schlüsselwort ein einer Marke eines anderen entsprechendes Zeichen auswählt, um den Internetnutzern eine Alternative zu den Waren oder Dienst­leis­tungen des Inhabers dieser Marke vorzuschlagen, das Zeichen für Waren oder Dienst­leis­tungen benutzt. Dies ist jedoch beim Anbieter des Referen­zie­rungs­dienstes nicht der Fall, wenn er die Werbenden mit Marken identische Zeichen als Schlüsselwörter aussuchen lässt, diese Zeichen speichert und anhand dieser Zeichen die Werbeanzeigen seiner Kunden einblendet.

Benutzung eines mit einer Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten bedeutet jedenfalls, dass der Dritte das Zeichen im Rahmen seiner eigenen kommerziellen Kommunikation benutzt. Im Fall eines Referen­zie­rungs­dienstes lässt dessen Anbieter zu, dass seine Kunden, d. h. die Werbenden, Zeichen benutzen, die mit Marken identisch oder ihnen ähnlich sind, benutzt diese Zeichen jedoch nicht selbst.

Werbendes Unternehmen muss aus Anzeige deutlich hervorgehen

Wurde eine Marke als Schlüsselwort benutzt, kann daher ihr Inhaber das ausschließliche Recht aus seiner Marke Google nicht entgegenhalten. Dagegen kann er dieses Recht gegenüber den Werbenden geltend machen, die anhand des seiner Marke entsprechenden Schlüsselworts von Google Anzeigen einblenden lassen, aus denen für einen Durch­schnitts­in­ter­n­et­nutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, von welchem Unternehmen die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienst­leis­tungen stammen.

In einer solchen Situation – die dadurch gekennzeichnet ist, dass die fragliche Anzeige sofort erscheint, sobald ein Internetnutzer die Marke als Suchwort eingegeben hat, und zu einem Zeitpunkt gezeigt wird, zu dem die Marke auf dem Bildschirm auch in ihrer Eigenschaft als Suchwort sichtbar ist – kann sich der Internetnutzer hinsichtlich des Ursprungs der betroffenen Waren oder Dienst­leis­tungen irren. Dann ist die herkunfts­hin­weisende Funktion der Marke, die darin besteht, die Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigt.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall zu würdigen, ob nach dem Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits eine Beein­träch­tigung der herkunfts­hin­wei­senden Funktion vorliegt oder vorliegen könnte.

Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens durch Dritte stellen keine Beein­träch­tigung der Werbefunktion der Marke dar

Benutzen Werbende im Internet ein mit einer Marke eines anderen identisches Zeichen als Schlüsselwort für die Anzeige von Werbe­bot­schaften, ist es offensichtlich, dass diese Benutzung geeignet ist, auf die Möglichkeit für den Inhaber der Marke, sie für Werbung einzusetzen, und auf seine Handelss­trategie Auswirkungen zu entfalten. Diese Auswirkungen der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens durch Dritte stellen jedoch für sich allein keine Beein­träch­tigung der Werbefunktion der Marke dar.

Zur Verant­wort­lichkeit des Anbieters des Referen­zie­rungs­dienstes

Ferner wird der Gerichtshof nach der Verant­wort­lichkeit eines Wirtschafts­teil­nehmers wie Google für die auf seinem Server gespeicherten Daten seiner Kunden gefragt.

Die Verant­wort­lichkeit ist im nationalen Recht geregelt. Das Unionsrecht sieht jedoch zugunsten der Vermittler von Diensten der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft Beschränkungen der Verant­wort­lichkeit vor.

Zu der Frage, ob ein Inter­ne­tre­fe­ren­zie­rungs­dienst wie „AdWords“ einen Dienst der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft darstellt, der in der Speicherung von durch den Werbenden eingegebenen Informationen besteht, und der Anbieter des Referen­zie­rungs­dienstes folglich eine Beschränkung der Verant­wort­lichkeit in Anspruch nehmen kann, weist der Gerichtshof darauf hin, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, zu prüfen, ob die Rolle dieses Anbieters insofern neutral ist, als sein Verhalten rein technischer, automatischer und passiver Art ist und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.

Hat dieser Anbieter keine aktive Rolle gespielt, kann er für die Daten, die er auf Anfrage eines Werbenden gespeichert hat, nicht zur Verantwortung gezogen werden, es sei denn, er hat die Informationen nicht unverzüglich entfernt oder den Zugang zu ihnen gesperrt, nachdem er von der Rechts­wid­rigkeit dieser Informationen oder Tätigkeiten des Werbenden Kenntnis erlangt hat.

Quelle: ra-online, EuGH

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