18.10.2024
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Dokument-Nr. 33672

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Europäischer Gerichtshof Urteil18.01.2024

Verfall von Jahresurlaub im öffentlichen Dienst: Urlaubs­ver­gütung auch bei vorzeitigem RuhestandDie Mitgliedstaaten können sich zur Beschränkung dieses Anspruchs nicht auf Gründe im Zusammenhang mit

Ein Arbeitnehmer, der nicht seinen gesamten Jahresurlaub nehmen konnte, bevor er auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausgeschieden ist, hat Anspruch auf eine finanzielle Vergütung. Dies hat der EuGH entschieden.

Ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeitnehmer war von Februar 1992 bis Oktober 2016 als Verwal­tungs­leiter bei der italienischen Gemeinde Copertino tätig. Er schied aus dem Dienst aus, um in den vorzeitigen Ruhestand einzutreten, und verlangte eine finanzielle Vergütung für die während seines Arbeits­ver­hält­nisses nicht genommenen 79 Tage bezahlten Jahresurlaubs. Die Gemeinde Copertino trat diesem Begehren entgegen und berief sich dabei auf die in den italienischen Rechts­vor­schriften enthaltene Regel, wonach die im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer anstelle des bei Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs in keinem Fall Anspruch auf eine finanzielle Vergütung haben. Das mit dem Rechtsstreit zwischen dem Arbeitnehmer und der Gemeinde Copertino befasste italienische Gericht hat Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regel mit dem Unionsrecht. Nach der Arbeits­zei­tricht­linie1 hat nämlich ein Arbeitnehmer, der seinen gesamten bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende seines Arbeits­ver­hält­nisses nicht nehmen konnte, Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub.

Anspruch der Arbeitnehmer auf Urlaub­s­ab­geltung darf wirtschaft­lichen Überlegungen nicht untergeordnet werden

Mit seinem Urteil bestätigt der Gerichtshof, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegensteht, die es verbietet, dem Arbeitnehmer eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer das Arbeits­ver­hältnis auf eigenen Wunsch beendet. Hinsichtlich der vom italienischen Gesetzgeber mit dem Erlass der betreffenden nationalen Regelung verfolgten Ziele weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Anspruch der Arbeitnehmer auf bezahlten Jahresurlaub, einschließlich seiner etwaigen Ersetzung durch eine finanzielle Vergütung, nicht rein wirtschaft­lichen Überlegungen wie der Eindämmung öffentlicher Ausgaben untergeordnet werden darf. Demgegenüber entspricht das Ziel in Bezug auf die organi­sa­to­rischen Erfordernisse des öffentlichen Arbeitgebers für die ordnungsgemäße Planung des Urlaubs­zeitraums der Zielsetzung der Richtlinie, die darin besteht, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen, und ihn dazu anzuhalten, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Arbeitgeber muss nachweisen, dass er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, den Jahresurlaub zu nehmen

Somit kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht nur dann nicht dem Verlust dieses Anspruchs entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus freien Stücken nicht genommen hat, obwohl ihn der Arbeitgeber dazu aufgefordert und über das Risiko des Verlusts dieses Anspruchs am Ende eines Bezugs- oder zulässigen Übertra­gungs­zeitraums informiert hat. Folglich verstoßen das Erlöschen des Urlaubs­an­spruchs am Ende des Bezugs- oder zulässigen Übertra­gungs­zeitraums und – bei Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses – das entsprechende Ausbleiben der Zahlung einer finanziellen Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub gegen Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2003/88 und gegen Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass er mit aller gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, um den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage zu versetzen, den ihm zustehenden bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Quelle: Europäische Gerichtshof, ra-online (pm/ab)

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