21.11.2024
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Dokument-Nr. 5881

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil10.04.2008

EuGH: Die drei Adidas-Streifen sind vom Markenrecht geschütztAdidas klagt gegen Konkurrenz, die Schuhe mit zwei Streifen Motiven herstellt

Das Allge­mein­in­teresse an der Verfügbarkeit bestimmter Zeichen für Jedermann schränkt als solches das ausschließliche Recht eines Markeninhabers nicht ein. Eine Benutzung beschreibender Angaben, die den anständigen Gepflogenheiten entspricht, kann der Markeninhaber Dritten allerdings nicht verbieten. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Die adidas AG ist Inhaberin von Bildmarken in der Form von drei vertikalen, parallel verlaufenden Streifen gleicher Breite, die seitlich an Sport- und Freizeit­be­kleidung angebracht werden und in einer mit der Grundfarbe des Kleidungsstücks kontras­tie­renden Farbe ausgeführt sind. Die adidas Benelux BV ist Inhaberin einer von der adidas AG erteilten Exklusivlizenz für das Benelux-Gebiet.

Konkurrenz stellt Schuhe mit zwei Streifen her

Marca Mode, C&A, H&M und Vendex sind konkurrierende Unternehmen. Sie vermarkteten ebenfalls Sport- und Freizeit­be­kleidung, die mit zwei parallel verlaufenden Streifen versehen war, deren Farbe mit der Grundfarbe der Kleidung kontrastiert.

Adidas klagt vor nieder­län­dischem Gericht

Adidas reichte eine Klage bei den nieder­län­dischen Gerichten ein, mit der sie ihr Recht geltend machte, Dritten die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens zu untersagen, das Verwechslungen hervorrufen kann.

Freihal­te­be­dürfnis : Konkurrenz macht Recht auf Nutzung von Zwei-Streifen-Motiven geltend

Marca Mode und die anderen beklagten Unternehmen hielten sich demgegenüber für berechtigt, Sport- und Freizeit­be­kleidung zur Dekoration mit zwei Streifen zu versehen. Sie beriefen sich für das Recht, Zwei-Streifen-Motive ohne Zustimmung von adidas zu benutzen, auf ein Freihal­te­be­dürfnis; Streifen und einfache Streifenmotive seien nämlich Zeichen, die für jedermann frei verfügbar bleiben müssten.

Nieder­län­disches Gericht rief EuGH an - Schutzumfang der Marke adidas?

Dem schließlich mit dem Rechtsstreit befassten Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) stellte sich damit die Frage nach dem Schutzumfang der Marke von adidas. Er legte darum dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage vor, ob das Freihal­te­be­dürfnis ein Beurtei­lungs­kri­terium zu dem Zweck darstellt, den Umfang des absoluten Rechts des Markeninhabers zu begrenzen.

EuGH: Es ist auf die Publikumssicht abzustellen, ob eine Verwechs­lungs­gefahr besteht

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof in erster Linie fest, dass das an bestimmten Zeichen bestehende Freihal­te­be­dürfnis nicht zu den relevanten Umständen zählt, die bei der Beurteilung des Bestehens einer Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind. Für die Beantwortung der Frage, ob eine solche Gefahr besteht, ist nämlich darauf abzustellen, wie das Publikum die jeweiligen Waren wahrnimmt, die zum einen von der geltend gemachten Marke und zum anderen dem Zeichen des Dritten erfasst sind. Das nationale Gericht hat zu prüfen, ob sich der Durch­schnitts­ver­braucher über die gewerbliche Herkunft von Sport- und Freizeit­be­kleidung täuschen kann, wenn diese an denselben Stellen Streifenmotive mit den gleichen Merkmalen wie das für adidas eingetragene Motiv trägt, allerdings mit nur zwei statt drei Streifen.

In seinem Urteil beschäftigt sich der Gerichtshof außerdem mit dem besonderen Schutz bekannter Marken. Dieser Schutz setzt nicht voraus, dass zwischen der Marke und einem anderen Zeichen Verwechs­lungs­gefahr besteht. Es genügt, dass sie von den beteiligten Verkehrskreisen gedanklich miteinander verknüpft werden. Da das Freihal­te­be­dürfnis weder etwas damit zu tun hat, wie der Ähnlich­keitsgrad zwischen der bekannten Marke und dem von dem Dritten benutzten Zeichen zu beurteilen ist, noch damit, ob die beteiligten Verkehrskreise die Marke und das Zeichen miteinander gedanklich verknüpfen könnten, kann es kein relevanter Gesichtspunkt für die Prüfung sein, ob die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt.

Freihal­te­be­dürfnis darf keine Beschränkung der Marke darstellen

Schließlich betont der Gerichtshof, dass zwar ein Markeninhaber Dritten nicht eine anständigen Gepflogenheiten entsprechende Benutzung von beschreibenden Angaben untersagen kann, dass aber das Freihal­te­be­dürfnis in keinem Fall eine selbständige Beschränkung der Wirkungen einer Marke bilden kann. Ein Dritter kann die in der Marken­richtlinie vorgesehenen Beschränkungen der Wirkungen einer Marke nur geltend machen und sich auf ein Freihal­te­be­dürfnis berufen, wenn sich die von ihm benutzte beschreibende Angabe auf ein Merkmal der Ware bezieht. Die Zwei-Streifen-Motive haben jedoch, wie die vor dem nieder­län­dischen Hoge Raad beklagten Unternehmen selbst geltend machten, nur dekorativen Charakter und stellen daher keine Angabe über ein Merkmal der Waren dar.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 25/08 des EuGH vom 10.04.2008

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