18.10.2024
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Dokument-Nr. 3249

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Urteil26.10.2006BundesgerichtshofI ZR 37/04
Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil19.12.2002, 2/3 O 443/02
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil29.04.2004, 6 U 10/03
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil26.10.2006

BGH sieht "Lindt-GOLDHASE" als 3D-Marke an - "RIEGELEIN CONFISERIE" Osterhase kann durch ähnliche Form und Farbe den Lindt-Osterhasen markenrechtlich verletzenBei dreidi­men­si­onaler Marke muss der Wortbestandteil nicht zwingend im Vordergrund stehen

Lindt ist mit einer Klage gegen den goldenen Schoko­la­denhasen der Firma Riegelein gescheitert. Im Streit zwischen dem als dreidi­men­si­onalen Marke eingetragenen "Lindt-Goldhasen" und dem Schoko­la­denhasen von "RIEGELEIN CONFISERIE" hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass zwischen diesen "Häschen" keine Verwechs­lungs­gefahr besteht. Lindt wollte den Vertrieb des Konkur­renz­pro­duktes verhindern.

Die am 6. Juli 2001 beim Harmo­ni­sie­rungsamt für den Binnenmarkt eingetragene Gemeinschaftsmarke "Lindt Goldhase" besteht aus einem in Goldfolie eingewickelten sitzenden Schoko­la­denhasen mit rotem Halsband mit Schleife und Glöckchen sowie dem Aufdruck "Lindt GOLDHASE". Die Klägerinnen wenden sich mit der auf Unterlassung, Auskunft­s­er­teilung und Schadensersatz gerichteten Klage gegen die Herstellung und den Vertrieb eines gleichfalls in Goldfolie eingewickelten sitzenden Schoko­la­denhasen durch die Beklagte.

Statt des roten Bandes mit Glöckchen ist seitlich eine bräunlich/rötliche Schleife aufgedruckt

Das Landgericht und das Berufungs­gericht haben die Klage abgewiesen. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen dem als Gemein­schaftsmarke eingetragenen und dem von der Beklagten vertriebenen Schoko­la­denhasen. Die Klagemarke werde in erster Linie durch den Wortbestandteil "Lindt GOLDHASE" und in zweiter Linie durch das rote Halsband mit Schleife und Glöckchen geprägt. Dagegen weise der Schokoladenhase der Beklagten den Wortbestandteil "RIEGELEIN CONFISERIE" auf und statt des roten Bandes mit Glöckchen sei seitlich eine bräunlich/rötliche Schleife aufgedruckt. Damit bestehe ein so großer Abstand zwischen den maßgeblichen Zeichen­ele­menten, dass eine Verwechs­lungs­gefahr trotz Warenidentität und gesteigerter Kennzeich­nungskraft der Klagemarke ausgeschlossen sei. Die Revision der Klägerinnen führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht.

BGH: Bildlicher Gesamteindruck der Marke wird nicht in erster Linie durch den Wortbestandteil "Lindt GOLDHASE" geprägt

Der Bundes­ge­richtshof hat die Feststellung des Gesamteindrucks der Klagemarke durch das Berufungs­gericht beanstandet. Entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts könne nicht angenommen werden, dass der bildliche Gesamteindruck der Klagemarke in erster Linie durch den Wortbestandteil "Lindt GOLDHASE" geprägt werde. Von dem bei Wort-/Bildmarken bestehenden Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr eher an dem Wort- als an dem Bildbestandteil orientiere, könne bei der vorliegenden dreidi­men­si­onalen Ausstat­tungsmarke nur ausgegangen werden, wenn den neben dem Wortbestandteil gegebenen Ausstat­tungs­merkmalen keine ins Gewicht fallende Bedeutung zukomme. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts habe zum einen das Gestal­tungs­element des roten Halsbandes mit Schleife und Glöckchen eine das Zeichen mitprägende Bedeutung. Zum anderen habe das Berufungs­gericht nicht hinreichend beachtet, dass nach der von den Klägerinnen vorgelegten Verkehrs­be­fragung von einer hohen Kennzeich­nungskraft von Form und Farbe des geschützten Goldhasen auszugehen sei. Form und Farbe dürften daher bei der Beurteilung der Zeichen­ähn­lichkeit nicht unberück­sichtigt bleiben, weil Merkmalen, die über eine gesteigerte Kennzeich­nungskraft verfügten, regelmäßig eine für den Gesamteindruck der Gestaltung maßgebliche Bedeutung zukomme. Da der Gesamteindruck des Klagezeichens nicht rechts­feh­lerfrei festgestellt sei, könne somit die Auffassung des Berufungs­ge­richts, es bestehe keine Verwechs­lungs­gefahr, weil der Abstand zwischen den Zeichen hinreichend groß sei, keinen Bestand haben.

Quelle: ra-online, BGH

der Leitsatz

Gemein­schafts­ma­r­ken­ver­ordnung Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b

a) Es besteht kein Erfahrungssatz dahingehend, dass der Gesamteindruck einer aus einer Form, einer Farbe, Wort- und Bildbe­stand­teilen sowie sonstigen Ausstat­tungs­ele­menten zusam­men­ge­setzten dreidi­men­si­onalen Marke unabhängig von der konkreten Anordnung und Gestaltung dieser Elemente regelmäßig durch den Wortbestandteil bestimmt wird.

b) Form und Farbe einer derart zusam­men­ge­setzten Marke kann bei einer (durch Benutzung) gesteigerten Kennzeich­nungskraft eine den Gesamteindruck (mit)bestimmende Bedeutung zukommen.

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