Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil30.07.2025
Planfeststellungsbeschluss zum Bau der 3. Start- und Landebahn des Flughafens München erlischt nicht im März 2026Bayerischer Verwaltungsgerichtshof weist Klage gegen „ewiges Baurecht“ zurück
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Klagen von insgesamt 8 Klägern (darunter der Bund Naturschutz in Bayern e.V.) gegen die Feststellung der Regierung von Oberbayern, dass mit der Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses zum Bau der 3. Start- und Landebahn des Flughafens München bereits begonnen wurde, abgewiesen.
Gegenstand der Klage war ein Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 30. September 2024. In diesem wurde auf Antrag der Flughafen München GmbH (FMG) festgestellt, dass die FMG mit der Durchführung des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. Juli 2011 für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch Anlage und Betrieb einer 3. Start- und Landebahn begonnen hat.
Tritt der Planfeststellungsbeschluss im März 2026 außer Kraft?
Anlass des Bescheides war die Frage, ob der Planfeststellungsbeschluss im März 2026 außer Kraft treten könnte. Denn es ist gesetzlich vorgesehen, dass ein Planfeststellungsbeschluss außer Kraft tritt, wenn nicht innerhalb von 10 Jahren seit seiner Unanfechtbarkeit (diese trat im März 2016 ein) mit der Durchführung des durch ihn festgestellten Plans begonnen wird.
Der BayVGH hat mit seinem Urteil die von der FMG bereits durchgeführten Maßnahmen (u.a. Grunderwerb, S-Bahn-Tunnel unter dem geplanten Vorfeld, Teilfläche des Vorfeldes, Ausbau des Straßennetzes im Osten des Flughafengeländes, naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen) als ausreichend erachtet, um von einem Beginn der Plandurchführung auszugehen. Damit tritt der Planfeststellungsbeschluss nicht im März 2026 außer Kraft.
Der BayVGH stellt in seiner Entscheidung zunächst klar, dass allen Klägern (einer anerkannten Umweltvereinigung, vom Fluglärm betroffene Kommunen und vom Plan betroffene Grundstückseigentümer) der gerichtliche Rechtsschutz eröffnet sei, um Klarheit über die Fortdauer der Belastung durch die Planung zu erlangen. Der Feststellungsbescheid leide an keinen durchgreifenden formellen Mängeln. Auch in der Sache habe die Regierung von Oberbayern zutreffend festgestellt, dass die Flughafen München GmbH (FMG) mit der Durchführung des Plans begonnen habe. Hierfür sei der nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ab Juli 2011 erfolgte Erwerb von knapp 70 ha der insgesamt rund 300 ha noch zu erwerbenden Flächen ausreichend. Darin liege eine nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung, die das Gesetz für den Beginn einer plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens erfordere. Somit trete der Plan nicht am 5. März 2026 außer Kraft.
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Durchgeführte Baumaßnahmen stellen bei einer Gesamtbetrachtung einen Vorhabenbeginn dar
Auch die durchgeführten Baumaßnahmen stellten bei einer Gesamtbetrachtung einen Vorhabenbeginn dar. Fertiggestellt seien bereits der ca. 1,8 km lange S-Bahn-Tunnel unter dem geplanten Vorfeld und das Straßennetz östlich des bestehenden Flughafengeländes sowie ein ca. 16 ha großer Teil des Vorfelds. Zudem seien entsprechende naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen realisiert worden. Maßgeblich für die Beurteilung sei der Plan in seiner Gesamtheit. Aufgrund des engen funktionalen Zusammenhangs könnten die einzelnen Teile des Vorhabens nicht gesondert betrachtet werden. So sei ein Betrieb der 3. Start- und Landebahn ohne die Straßenbaumaßnahmen sowie das Vorfeld nicht denkbar. Der S-Bahn werde nur wegen des geplanten Vorfelds unterirdisch in einen Tunnel verlegt. Soweit es bei diesen Baumaßnahmen zu Abweichungen vom Plan gekommen sei (etwa geringfügige Tieferlegung des S-Bahn-Tunnels, geänderte Straßenführung, Nutzung des errichteten Vorfeldteils im laufenden Flughafenbetrieb), seien diese Änderungen lediglich unwesentlich oder temporär. Das verfolgte Ziel der Planung, den Flughafen München bedarfsgerecht und leistungsfähig auszubauen und seine Stellung als Drehkreuz im europäischen Raum zu sichern, werde dadurch nicht berührt. Angesichts der bisherigen Ausgaben in Höhe von über 270 Mio. EUR für die Baumaßnahmen seien diese ebenfalls nicht unerheblich.
Politische Erklärungen gegen den Bau stehen der Plandurchführung nicht entgegen
Politische Erklärungen gegen den Bau der 3. Start- und Landebahn stünden der Plandurchführung nicht entgegen. Denn maßgeblich sei allein die Willensbildung der aus Bundesrepublik Deutschland, Freistaat Bayern und Landeshauptstadt München bestehenden Gesellschafterversammlung der FMG. Diese habe im September 2011 einstimmig einer zügigen Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses zugestimmt, um das Luftverkehrsdrehkreuz München in seinem Bestand und in seiner weiteren Entwicklung zu sichern. Dieser Gesellschafterbeschluss gelte fort. Insbesondere habe die Gesellschafterversammlung den Antrag der Landeshauptstadt München auf Einstellung des Baus der 3. Start- und Landebahn abgelehnt.
Unschädlich sei, dass mit der 3. Start- und Landebahn selbst noch nicht begonnen bzw. diese noch nicht fertiggestellt sei. Eine gesetzlich festgelegte Höchstfrist für eine Fertigstellung bestehe nicht. Diese bemesse sich konkret nach dem Vorhaben, insbesondere dessen Größe und Bedeutung. Ein "Baurecht auf Ewigkeit" bestehe jedoch nicht. Wenn sich aus objektiven Umständen ergebe, dass das Vorhaben endgültig aufgegeben werde, hätten die Betroffenen einen Anspruch auf Aufhebung des Plans.
Gegen das Urteil des BayVGH können die unterlegenen Kläger innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht einlegen. Andernfalls wird die Entscheidung rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.08.2025
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (pm/pt)