Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss17.06.2020
Widerruf der Berufsbezeichnung "Hebamme" aufgrund unterbliebener Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe bei schwieriger Geburt und versuchtes Vertuschen der TatSchwerwiegende Verletzung der Berufspflichten
Eine Hebamme verliert das Recht zum Führen der Berufsbezeichnung, wenn ein Kind bei einer schwierigen Geburt stirbt, weil die Hebamme keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hat und nachträglich versucht hat, die Tat zu vertuschen. In diesem Verhalten liegt eine schwerwiegende Verletzung der Berufspflichten. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2014 kam bei einer schwierigen Geburt das Kind zu Tode. Obwohl die anwesende Hebamme die Komplikationen erkannt hatte, rief sie nicht den diensthabenden Facharzt zur Vorbereitung eines Kaiserschnitts. Wäre dies geschehen, wäre das Kind sehr wahrscheinlich am Leben geblieben. Die Hebamme manipulierte zudem nachträglich Dokumente, um ihr Fehlverhalten zu vertuschen. Sie wurde wegen der Tat von einem Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Zudem widerrief die zuständige Behörde die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Hebamme" wegen Unzuverlässigkeit. Dagegen richtete sich die Klage der Hebamme. Das Verwaltungsgericht Bayreuth wies die Klage ab. Dagegen richtete sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.
Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Hebamme" rechtmäßig
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und ließ die Berufung nicht zu. Der Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Hebamme" sei rechtmäßig.
Schwerwiegende Verletzung der Berufspflichten aufgrund unterbliebener Hinzuziehung eines Arztes
Die Klägerin habe nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die ihr als Hebamme obliegende Grundpflicht, beim Auftreten von Regelwidrigkeiten einen Arzt hinzuzuziehen, in gröblicher Weise missachtet. Sie habe eine erhebliche und gewichtige Verletzung der Berufspflichten begangen. Schon allein die Wertung des Sachverhalts durch das Strafgericht als fahrlässige Tötung reiche für sich genommen aus, um die Prognose der Unzuverlässigkeit zu tragen.
Versuchtes Vertuschen der Tat begründet Unzuverlässigkeit
Die Unzuverlässigkeit der Klägerin ergebe sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs auch daraus, dass die Klägerin versucht hatte, die Tat zu vertuschen. Greift jemand, der eine schwerwiegende, den Straftatbestand der fahrlässigen Tötung verwirklichende Berufspflichtverletzung begangen hat, zu unzulässigen Maßnahmen, welche die verwirklichte Tat vertuschen soll, manifestiere sich in einem entsprechende Vorgehen erschwerend über die zugrunde liegende Tat hinaus ein Charakter, der nahelege, dass diese Person nicht willens und in der Lage sein werde, künftig ihre beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.08.2020
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (vt/rb)