21.11.2024
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil26.01.2009

Motorrad darf bei Geschwin­dig­keits­über­schreitung nicht sichergestellt werden, um einen Unfall­schwerpunkt zu entschärfenZur Entschärfung des "Unfall­schwer­punkts Kesselberg"

Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof hat festgestellt, dass die Sicherstellung und Verwahrung eines Motorrads zum Zwecke der Entschärfung des „Unfall­schwer­punkts Kesselberg“ rechtswidrig war. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts München vom 12. März 2008 war damit erfolgreich.

Angesichts der auf der Bundesstraße 11 (B 11) im Bereich des sog. Kesselbergs zwischen dem Kochel- und dem Walchensee bestehenden Unfall­häu­figkeit unter Beteiligung von Motorradfahrern erteilte das Polizei­prä­sidium Oberbayern im Sommer 2007 eine Grund­satz­weisung, wonach bei einer einmaligen Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h und bei einer zweimaligen Geschwin­dig­keits­über­schreitung von mehr als 25 km/h innerhalb eines Jahres das Motorrad in der Regel sichergestellt, abgeschleppt und mindestens bis zum nächsten Morgen, an Wochenenden bis zum Montagmorgen verwahrt werden sollte. Nachdem der Kläger mit seinem Motorrad an einem Freitag im August 2007 zwei Geschwin­dig­keits­über­schrei­tungen begangen hatte, ordnete die Verkehrs­po­li­zei­in­spektion Weilheim mündlich die Sicherstellung des Motorrads an, nahm es in Verwahrung und ließ es von einem Abschlep­pun­ter­nehmen zu einer Verwahrstelle nach Murnau verfrachten. Gegen Bezahlung von 277,42 EUR konnte der Kläger am folgenden Montag sein Motorrad in Murnau abholen. Nach Auffassung des Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof waren die polizeilichen Maßnahmen rechtswidrig. Das Polizeirecht liefere keine Rechtsgrundlage dafür, an Unfall­schwer­punkten bei erheblichen Verstößen gegen die Straßen­ver­kehrs­ordnung generell Fahrzeuge für einen oder mehrere Tage sicherzustellen.

Sicherstellung setzt konkrete Gefahr voraus

Die Sicherstellung von Fahrzeugen setze voraus, dass im Einzelfall die konkrete Gefahr eines in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang drohenden (weiteren) Verkehrs­ver­stoßes drohe. Dies sei nur der Fall, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrschein­lichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erwarten sei. Eine solche Progno­se­ent­scheidung im Einzelfall könne nicht schematisch an die Höhe einer einmaligen oder zweimaligen Geschwin­dig­keits­über­tretung geknüpft werden.

Die im Straßen­ver­kehrsrecht vorgesehenen Ordnungsmittel sind regelmäßig ausreichend

Im Regelfall müsse davon ausgegangen werden, dass die im Straßen­ver­kehrsrecht vorgesehenen Ordnungsmittel (Bußgeld, Fahrverbot, Punkte) den normalen Verkehrs­teil­nehmer so nachhaltig beeindruckten, dass er nicht umgehend neue Verkehrs­verstöße begehe. Etwas anderes könne nur in Ausnahmefällen gelten, wenn z.B. der Fahrzeugführer infolge von Alkoholoder Drogenkonsum enthemmt sei oder weitere Verkehrs­verstöße ausdrücklich ankündige. Im Fall des Klägers habe es für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls keine ausreichenden Anhaltspunkte gegeben. Als durch­schnitt­licher Fahrzeugführer habe er keine besonders hohe Punktezahl im Verkehrs­zen­tra­l­re­gister und er habe sich auch nicht völlig uneinsichtig gezeigt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Bayern vom 09.02.2009

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